1980 – 1989

EinfĂĽhrung in die Dekade

Bis weit in die Nachkriegszeit hinein blieben in Deutschland Haltungen und Denkweisen aus der Zeit des Nationalsozialismus erhalten. Diesen waren viele Menschen in den sogenannten „totalen Institutionen“ (ein vom kanadischen Soziologen Erving Goffman geprägter Begriff) der Psychiatrien, der Kinder- und Jugendhilfe und in den Einrichtungen der Behindertenhilfe geradezu ausgeliefert.

Die Evangelische Stiftung Alsterdorf wurde bundesweit zum Skandalon, als im April 1979 in der Wochenzeitung „Die Zeit“ ein Artikel von Katharina Zimmer erschien, der den Titel „Die Gesellschaft der harten Herzen“ trug. Schonungslos und drastisch schilderte er die unhaltbaren Zustände des Hauses Carlsruh beispielhaft für das, was damals in einem großen Teil der Alsterdorfer Anstalten passierte. Der Artikel war die Initialzündung für einen grundlegenden und Jahrzehnte andauernden Wandel.

Zu den einzelnen Jahren:

In der Dekade der 1980er-Jahre setzte eine intensive Umstrukturierung auf dem Stiftungsgelände in Alsterdorf ein: Sanierungsbedürftige Wohngebäude wurden geschlossen und es musste für Hunderte Menschen mit Behinderung – auch mit hohem Unterstützungsbedarf – neuer Wohnraum innerhalb und außerhalb des Stiftungsgeländes in der Stadt und der Umgebung geschaffen werden.

Dieser Prozess vollzog sich nicht ohne Widersprüche und Fehler. So sollte ein Symbol für den Neuanfang der Neubau des Carl-Koops-Hauses auf dem Gelände sein. Viele Mitarbeitende sahen den Bau für über 200 Menschen mit Behinderung dennoch kritisch und der Däne Bank-Mikkelsen, der als Vater des Normalisierungsprinzips gilt und 1985 zu Besuch in den Alsterdorfer Anstalten war, stand mehr oder weniger fassungslos vor diesem Neubau: Er würde für diese vielen Millionen Mark andere Lebensmöglichkeiten schaffen, so fasste er seinen Eindruck zusammen.

(s. Frank, Rudolf 1990, Zentral gelenkte Normalisierung. Unsere Erfahrungen vor dem Umzug, in: ESA [Hg.], Umbruch. Mitarbeiter-Zeitschrift der Ev. Stiftung Alsterdorf, Nr. 2/1990, ArESA, Hamburg, S. 5)

Dieser Jahrhundertaufbruch in Alsterdorf darf nicht vergessen machen, dass jeder der neuen Schritte auf dem Hintergrund gesellschaftlicher, fachlicher und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen geschah, mit denen die nun folgende chronologische Ereignisreihe beginnt.