1995

Januar 1995

Orientierungskonferenz mit der Sozialbehörde
Am 13. Januar findet eine Orientierungskonferenz mit der BAGS statt, um Fakten abzuklären, Meinungen auszutauschen und auch über Divergenzen zu reden.

Die Konferenz endete mit konkreten Aufgabenstellungen und einer Verabredung zu einem weiteren Treffen in einer „Perspektivkonferenz“ am 30. Januar, mit dem Ziel, mit der Behörde Vereinbarungen über das Ausmaß der Sanierung zu treffen und zu klären, in welcher Form die BAGS bei den Sanierungsmaßnahmen begleiten wird. Vom Abschlussgespräch am 8. Februar erhofft sich Wolfgang Kraft, dass es eine tatsächliche Pflegesatzvereinbarung gibt für die nachfolgenden Jahre und dass ebenfalls der Sanierungsbeitrag durch die Behörde endgültig feststeht. (vgl. ebd.)

Die Rolle des vergrößerten Förderbereiches in der zukünftigen Struktur des Behindertenhilfebereiches
Hierzu führt Wolfgang Kraft aus:

„Ich halte den Förderbereich für äußerst wichtig. Ich gehe davon aus, daß er zukünftig einen eigenen Pflegesatz erhalten wird. Die Erweiterung des Förderbereiches hat zur Folge, daß dessen Arbeit die Betreuungskapazität im Wohnbereich entlasten sollte. Das bedeutet einen ganz wesentlichen Akt der Verzahnung und Vernetzung. Ich stelle mir vor, daß es möglich sein wird, die Förderarbeit in einer Weise zu leisten, daß tagsüber einige Wohngruppen keine Betreuung mehr benötigen, weil keine Bewohner mehr auf diesen Wohngruppen sind. Diese sind dann entweder in den WfB’s [Werkstätten für behinderte Menschen] oder in der Tagesförderstätte.“ (ebd.)

April 1995

Neue Struktur im Behindertenhilfebereich
Ab dem 1. April 1995 tritt die neue Struktur des Behindertenhilfebereiches in Kraft. Die bisher vier Geschäftsbereiche werden nun in drei Geschäftsbereiche, AlsterDorf, HamburgStadt und HamburgUmland, unterteilt.

(vgl. alsterdorf aktuell Nr. 5/27.02.1995, ArESA Publikationen, Hamburg)

Interview mit Wolfgang Kraft

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Mai 1995

Eckpfeiler des Sanierungskonzeptes der Evangelischen Stiftung Alsterdorf
Der Vorstand erläutert in einem zehnseitigen Papier die Eckpunkte der Sanierung:

  1. Beschreibung der Problemlage, die zur Sanierungsnotwendigkeit der Stiftung beigetragen hat
  2. Beschreibung der Handlungsfelder:
  3. Neustrukturierung der Zentralen Verwaltung und Versorgung
  4. Bereich Umstrukturierungskosten in der Behindertenhilfe, die WfB ausgenommen
  5. Darlehen, die nicht refinanziert sind
  6. Rückstau in Bezug auf Instandhaltung und Reparaturen
  7. Beschreibung der Lösungsschritte

ZVV und alle wirtschaftlichen Teilbereiche:

  • Ein Controllingsystem wird eingeführt.
  • Alle Dienstleistungs- und Angebotsstrukturen werden vernetzt.
  • Die Organisationsstrukturen werden verschlankt.
  • Verantwortung und Kompetenz erhalten eine transparente Zuordnung.
  • Die Umlagefinanzierung der ZVV wird abgelöst durch eine Refinanzierung durch Angebot und Nachfrage.

HPA-Bereich / 14 Millionen DM werden eingespart (Vereinbarung mit der BAGS) durch:

  • Neue Strukturen ab 01.04.1995
  • Fokus auf die Preisbetrachtung und nicht auf die Kostenbetrachtung
  • Neubetrachtung der Personalbemessung
  • Erweiterung des Förderbereiches ab dem 01.05.1995
  • Durch angebots- und nachfragegesteuerte Refinanzierung von Leistung
  • Mögliche Schließung der Wäscherei 1996

Diese Maßnahmen stellen für den Vorstand eine solide Grundlage dar, auf der die Vereinbarung zwischen der ESA und der BAGS in der gesetzten zeitlichen Frist erfüllt werden kann.

Bei den Sanierungsmaßnahmen für den Behindertenhilfebereich wurde bereits ab 1. Januar 1995 der Pflegesatz unterstellt, der dem sanierten Zustand dieses Bereiches entspricht.

(vgl. Sanierungskonzept des Vorstands 1995, ArESA DV 1654, Hamburg)

Juni 1995

Aussagen des Vorstandes zur Strategie
In seinem strategischen Positionspapier äußert sich der Vorstand folgendermaßen:

„Mit dem vorliegenden Positionspapier beschreibt der Vorstand das künftige Selbstverständnis der ESA [Evangelische Stiftung Alsterdorf] und den Handlungsrahmen für die Bildung und Entwicklung der Teilbereiche. Er möchte damit auch die Diskussion um die endgültige Festlegung zwischen den Kompetenzen und Aufgabenbereichen des strategischen Vorstandes wie der wirtschaftlich selbständigen Teilbereiche eröffnen. Ergänzungen sowie Modifikationen werden sich im Rahmen des Organisationsprozesses ergeben.“

(s. Baumbach, Rolf / Kraft, Wolfgang 1995, Strategie der Evangelischen Stiftung Alsterdorf vom 01.06.1995, ArESA DV 1677 II, Hamburg)

Juli 1995

Unterstützung der Kommunikationsprozesse im Behindertenhilfebereich während der Sanierung
„Frau Baresch und Herr Rückoldt haben von Herrn Kraft den Auftrag erhalten, während der Sanierung die Kommunikationsprozesse im B-Bereich zu unterstützen.

Vorläufiger Arbeitstitel dieses Projektes: ‚Sprechstunde zu Themen der Innovation und Chancen der Sanierung‘ […].

Das Unterstützungsangebot wird von den Bereichsleitungen begrüßt und angenommen; alle Beteiligten haben aber auf eine gemeinsame Sprache zu achten. In dem offenen Gesprächskreis sollen im Zusammenhang mit der Sanierung auch Hintergründe von Entwicklungen, Entscheidungen etc. beleuchtet werden.“

(s. Protokoll Bereichsleiterkonferenz vom 04.07.95, ArESA DV 1579, Hamburg)

Oktober 1995

Der Förderbereich wird aufgehoben und abgelöst durch den Bereich „Fördern und Therapie“
Das Ende des bisherigen Förderbereichs geht mit der Abberufung von Ingeborg Leuthäuser, der langjährigen Leiterin des Förderbereichs, einher. Die Leitung des neu organisierten Bereichs Fördern und Therapie übernimmt Michael Wunder.
Zum neuen Bereich gehören sämtliche Angebote des bisherigen Förderbereichs, der begleitenden Dienste, therapeutischen Angebote und der Psychologische Dienst.

(vgl. Briefe und Bilder 1997, ArESA Publikationen, Hamburg)

Dezentralisierung im Bereich Finanz- und Rechnungswesen
Am 20. Oktober 1995 findet die konstituierende Sitzung des Arbeitskreises Dezentralisierung statt. Teilnehmende sind: Herr Kraft (Vorstand und Sanierungsbeauftragter), Herr Bandick (externer Berater), Herr Lühr (Leiter der Alsterdorfer Werkstätten), Frau Otten (ehemalige kaufmännische Regionalleiterin Region Nord; jetzt im Sanierungsstab bei Herrn Kraft tätig) und Herr Pfotenhauer (Verwaltungsleiter Krankenhäuser der ESA). Das Protokoll beschreibt die Auftragserteilung wie folgt:

  1. „Bilanzmäßige Absicherung der Teilbereiche,
  2. Absicherung der Liquidität der Teilbereiche,
  3. Struktur eines nicht leistungsbereichsbezogenen Rechnungswesens (strategisch / Service),
  4. Regelung der nicht refinanzierten / budgetierten Kosten,
  5. Qualitative und quantitative Klärung personeller Ressourcen,
  6. Zeit und Umsetzungsplan bis 30.11.1995 (außer Punkt 5).“

Weiter heißt es im Protokoll:

„Die Teilnehmer […] kamen zu dem Ergebnis, daß sich diese Gruppe dahingehend entwickeln müsse, die weitere Umsetzung in die Dezentralisierung umfassend und strategisch zu begleiten […]. Insbesondere muß im Vorstand noch geklärt werden, ob die aus den früheren Arbeitsgruppen (Sanierungsgruppe, Prozeßplanungsgruppe) noch offengebliebenen Fragen über die Arbeitsgruppe Dezentralisierung oder über den Vorstand in die operativen Ebenen verteilt werden.“

(s. Protokoll der 1. Sitzung des Arbeitskreises Dezentralisierung am 20.10.1995, ArESA DV 163, Hamburg)

Die Sanierungsgruppe formuliert Ziele und Forderungen an den Vorstand
Der Sanierungsprozess wird von einer sogenannten Sanierungsgruppe begleitet, bestehend aus den beiden Vorständen Baumbach und Kraft und zehn weiteren Mitgliedern aus den Bereichen Personal, Verwaltung, Controlling und Organisationsentwicklung. Nach Abschluss der ersten Besprechungsphase mit Klärung von Fragestellungen zum Thema Existenzsicherung (Essen, Schlafen, Trinken) aus untergeordneten Arbeitsgruppen bespricht die Sanierungsgruppe nun Fragen der Existenzgestaltung (Identitätsgestaltung, Sicherung der Zukunft). In Bezug auf die zweite Sanierungsphase kommt sie zu folgenden Ergebnissen:

  • Die zweite Sanierungsphase enthält neue inhaltliche und qualitative Merkmale.
  • Das Paradigma Lebensbegleitung wird eine Änderung erfahren hin zu einem Miteinanderleben. Beispiele hierfür gibt es bereits in der ESA.
  • Der Vorstand wird gebeten, eine Wochenendklausur zu ermöglichen, an der alle Teilbereichs- und Serviceleitungen teilnehmen. Ziel ist es, Widerstände und Ängste aufzugreifen, zu bearbeiten und gemeinsam ein Zukunftsszenario für die Stiftung zu entwerfen.

(vgl. Protokoll der Sitzung Sanierungsgruppe vom 26.10.1995, ArESA DV 1631, Hamburg)

November 1995

Neue Kundennähe im Geschäftsbereich HamburgStadt
Der neu gegründete Geschäftsbereich HamburgStadt ist ausschließlich zuständig für die Wohngruppen in den Stadtteilen. Von daher ergibt es Sinn, dass die Zentrale in die Stadt hineinverlegt wird, genauer gesagt unweit des Michels am Großneumarkt 24.
Diese Verlegung ermöglicht zudem eine größere Kundennähe und bessere Kundenbetreuung, die als Anforderung mit der neuen Aufgabenverteilung einhergeht. Die Verlegung der Büros bedeutet auch eine größere Flexibilität, wenn es darum geht, Wohn-, Förder- und Arbeitsplätze zu vermitteln und zu koordinieren.

(vgl. Rosenbusch, Ulrike 1995, Nomen est Omen – HamburgStadt hat sein neues Domizil im Herzen Hamburgs. Die Gesamtleitung der Außenwohngruppen erfolgt nicht mehr vom Zentralgelände aus, in: ESA [Hg.], Umbruch, Mitarbeiter-Zeitschrift der Ev. Stiftung Alsterdorf, Nr. 11/November 1995, ArESA, Hamburg, S. 3)

Interview mit Daniel Guckelsberger

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Dezember 1995

Sanierungsvereinbarung zwischen der Stiftung, der Stadt Hamburg, der Nordelbischen Kirche und den Banken
Am 5. Dezember 1995 steht die Sanierungsvereinbarung zwischen der Stiftung, der Nordelbischen Kirche und den Banken. In einer gemeinsamen Pressekonferenz geben die Akteure der Vereinbarung und Bürgermeister Voscherau die genaueren Ergebnisse bekannt:

  • Die Akteure übernehmen 67 Mio. DM der angestauten Verbindlichkeiten der ESA.
  • Der Beitrag der Stadt Hamburg beläuft sich auf 22,1 Mio. DM, die Kirche gewährt ein zinsloses Darlehen und
  • die Banken verzichten in zweistelliger Millionenhöhe auf zu leistende Zinsen.
  • Die Stiftung selbst verpflichtet sich, einen Eigenbetrag in Höhe von 15 Millionen DM innerhalb der nächsten fünf Jahre zu erwirtschaften.

Nach Meinung des damaligen Hamburger Ersten Bürgermeisters Henning Voscherau verdient es die Stiftung nicht, zerrissen zu werden, sondern verdient es stattdessen, auf eine solide Basis gestellt zu werden.

Die Hilfe von Staat, Kirche und Banken ist als Ergebnis langwieriger Verhandlungen die entscheidende Grundlage für eine wirtschaftliche Zukunft der Eingliederungshilfe in der ESA.

  • Es treten für die Bereiche der Behindertenhilfe die Pflegesätze in Kraft, auf die man sich bereits im Frühjahr geeinigt hat.
  • Was die prospektiven Pflegesätze angeht, werden sich diese auf der Basis des vorliegenden Jahres pauschal erhöhen.
  • Die ESA hat vor allem die Aufgabe, intern mit allen erforderlichen Maßnahmen die Qualität der Arbeit auf dem erreichten Level zu sichern.
  • Die beiden Vorstände setzen hierbei auf die Erfahrung engagierter Mitarbeiter*innen als fachlicher Ressource. Es sind drei Zukunftswerkstätten geplant.
  • Die zukünftige Arbeit in Alsterdorf hat nun durch die Sanierungsvereinbarung alle nötigen Voraussetzungen.

(vgl. Scharenberg, Wolfram [WS] 1996, Hamburg braucht Alsterdorf. Nordelbische Kirche, Banken und Hamburger Senat entschieden für die Beteiligung an der Sanierung der Stiftung, in: ESA [Hg.], Umbruch. Mitarbeiter-Zeitschrift der Ev. Stiftung Alsterdorf, Nr. 12/1, Dezember/Januar1995/96, ArESA, Hamburg, S. 1 und S. 3)

Die Vereinbarung umfasst den Zeitraum vom 1. Januar 1995 bis 31. Dezember 1996 mit folgenden Sanierungszielen:

  • Bis Ende 1996 wird der Sanierungspflegesatz erreicht.
  • Der Förderbereich wird auf 325 Vollplätze erweitert.
  • Alle Teilbereiche weisen ausgeglichene Ergebnisse auf.
  • Nicht refinanzierte Stellen und Leistungsangebote werden abgebaut, dies gilt auch für die Zentralverwaltung.
  • Der Instandhaltungsstau und sogenannte Altlasten (Wäscherei, Küche) werden abgebaut.
  • Es wird ein Tilgungsplan für nicht refinanzierte Darlehen erstellt.

Darüber hinaus gilt für das Jahr 1997:

  • Die Wäscherei wird endgültig geschlossen.
  • Die Verluste der Küche werden auf die Hälfte reduziert.
  • Die Kosten der Zentralen Verwaltung und Versorgung [ZVV] werden weiter auf die vereinbarte Zielgröße reduziert.
  • Das Evangelische Krankenhaus Alsterdorf hat ein ausgeglichenes Budget.
  • Die Verluste der Medizinischen Ambulanz werden weiter begrenzt.

(s. Aufbruch, Magazin der Ev. Stiftung Alsterdorf. Zehn Jahre Zukunft, Heft 1, 1/05, ArESA Hamburg)

Interview mit Wolfgang Kraft
 

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Interview mit Dieter Fenker
 

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Interview mit W. Kraft, D. Fenker, C. Williams, W. Rose und H. Stiefvater

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