Februar 1994
Brandbrief der WohnstÀttenleitungen an den Vorstand und an die Mitarbeitervertretung
Zwölf WohnstÀttenleitungen der Region Nord, der Region Ost und der Region West wenden sich an den Vorstand und die Mitarbeitervertretung:
(s. Möller, Anke / u. a.1994, Schreiben der WohnstÀttenleitungen der Regionen Nord, Ost, West an Vorstand und MAV vom 04.02.1994, ArESA DV 609, Hamburg)
- âIm Sinne der von der Einstellungsverweigerung der MAV betroffenen MitarbeiterInnen in den Wohngruppen fordern wir den Vorstand und die MAV zu sofortiger RĂŒckkehr an den Verhandlungstisch auf.
- Unter den aktuellen Bedingungen ist selbst die Grundversorgung der BewohnerInnen massiv gefÀhrdet. In dieser Situation ist es unverantwortlich, konstruktive GesprÀche zu verweigern.
- Wir WohnstĂ€ttenleitungen sind uns darĂŒber im klaren, daĂ die Stiftung kurz vor einem Konkurs steht und daĂ massive VerĂ€nderungen vorgenommen werden mĂŒssen, um den Fortbestand der inhaltlichen Arbeit zu sichern. Dieses darf jedoch nicht durch kurzfristige Lösungen und Entscheidungen erfolgen, die letztlich nicht praktikabel sind.
- Wir WohnstĂ€ttenleitungen [âŠ] bieten konstruktive Zusammenarbeit an einem Stufenmodell an, das Inhalte, Wirtschaftlichkeit und soziale VertrĂ€glichkeit berĂŒcksichtigt.â
Grundsatzvorschriften fĂŒr den Vorstand in den weiteren StrukturverĂ€nderungen
Der Stiftungsrat nimmt in seiner 62. Sitzung zunĂ€chst den Bericht des Vorstands ĂŒber die wirtschaftliche Situation der Stiftung zur Kenntnis. In der Entwicklung und Umsetzung von MaĂnahmen zur Anpassung der Strukturen und BetĂ€tigungsfelder der Stiftung legt er dem Vorstand folgende GrundsĂ€tze nahe:
(s. Stiftungsrat der ESA 1994, Auszug aus der Dokumentation. 62. Sitzung des Stiftungsrates am 07.02.1994, ArESA DV 453, Hamburg)
- âCharakter, Zweck und Kernaufgabe der Stiftung gemÀà ihrer Satzung sind zu wahren.
Es sind alle Bereiche und BetĂ€tigungen der Stiftung in allen Erlös- und Kostenpositionen zu untersuchen.- Aufgaben können nur fortgefĂŒhrt werden, wenn sie durch PflegesĂ€tze refinanziert sind oder fĂŒr sie eine andere ausreichende und dauerhafte Finanzierung gefunden wird.
- Soweit ArbeitsplĂ€tze wegfallen, ist bei der Umsetzung von MaĂnahmen ein HöchstmaĂ an sozialer Schonung und Ausgewogenheit anzustreben.
- Die MaĂnahmen [sind] zeitnah mit dem HauptausschuĂ des Stiftungsrates abzustimmen, der seinerseits dem Plenum zeitnah, mindestens schriftlich, berichten wird.â
MĂ€rz 1994
Brandbrief von WohnstÀttenleitungen an den Stiftungsrat der ESA
13 WohnstÀttenleitungen aus dem HPA-Bereich (Heilerziehungs-, Heil- und Pflegeanstalt) und aus allen drei Hamburger Regionen richten einen offenen Brief an die Mitglieder des Stiftungsrates.
(s. Hartmann, Hildegard / u. a. 1994, Offener Brief der WohnstĂ€ttenleiterInnen der Regionen Nord, Ost, West an die Mitglieder des Stiftungsrates der Ev. Stiftung Alsterdorf vom 01.03.1994, ArESA DV 453, Hamburg) und Antwortschreiben des Vorsitzenden des Stiftungsrates, Hans Rudolf SchĂŒler
- âWir als WohnstĂ€ttenleiterInnen halten es fĂŒr unsere Aufgabe, auch in derart schwierigen Situationen dafĂŒr zu sorgen, daĂ den Bedarfen der BewohnerInnen wenigstens ansatzweise Rechnung getragen wird und eine pĂ€dagogisch fundierte Arbeit in den Wohngruppen möglich bleibt.
- Sollten im Rahmen der notwendigen SanierungsmaĂnahmen grundlegende Ressourcen des Wohnbereichs weiterhin oder gar dauerhaft angetastet werden, so drohen sowohl die Kosten- als auch die LeistungsfĂ€higkeit der Alsterdorfer Behindertenhilfe mittelfristig marktpolitisch nicht mehr konkurrenzfĂ€hig zu sein.â
Die Mitarbeiterbasis nimmt Stellung
Der Mitarbeiter Schröder aus der Wohngruppe 22 im Wilfried-Borck-Haus (WohnstÀtte 6 der Region West) trÀgt in der am 9. MÀrz 1994 stattfindenden Mitarbeiterversammlung eine Stellungnahme von 17 Mitarbeiter*innen zum aktuellen Stiftungsgeschehen vor. Sie verstehen ihre fachliche Kompetenz als wichtige Ressource und entscheidendes Kapital der ESA. Die Erkenntnis der Sparnotwendigkeit und ihre Bereitschaft, strukturelle VerÀnderungen mitzutragen, beschreiben sie als Teil ihrer fachlichen Kompetenz.
Die Mitarbeitenden fordern eindringlich, den Prozess der Dezentralisierung und Normalisierung fortzusetzen.
Am 10. MĂ€rz 1994 ergeht diese Stellungnahme in Briefform an den Vorstand, an die MAV, an die Mitarbeitervertreter*innen im Stiftungsrat, an die ĂTV (Gewerkschaft Ăffentliche Dienste, Transport und Verkehr, jetzt ver.di), an die Regionalleitung West und WohnstĂ€ttenleitung 6.
Geplant â die Umwandlung der gesamten Stiftung in eine Holding
Der Finanzvorstand und stellvertretende Vorsitzende der ESA, Peter Buschmann, erklĂ€rt in seiner sechs Seiten umfassenden AusfĂŒhrung, dass die Stiftung in eine Holding umgewandelt werden wird mit dem Ziel, der Stiftung eine einheitliche Leitung zu geben und die Wirtschaftskraft durch die neue Spitze zu bĂŒndeln. KĂŒnftig wird die Weiterentwicklung der ESA durch die Holding gesteuert und gestaltet. Die einzelnen Leistungsbereiche erhalten dabei eine strategische und operative Autonomie.
Notiz: Erst elf Jahre spÀter (2005) wird dieses geschilderte Szenario RealitÀt. Peter Buschmann ist dann schon seit vielen Jahren nicht mehr Vorstand in der Ev. Stiftung Alsterdorf.
Die Verzahnung von Sanierung und diakonischer Aufgabe â AusfĂŒhrungen des Vorstands
Peter Buschmann und Hermann Scheile erlÀutern die SanierungsvorschlÀge anhand von vier Aspekten:
(s. Baumbach, Rolf 1994, Rede Pastor Baumbach vor Leitenden Mitarbeiter*innen, 12.04.1994, ArESA DV 453, Hamburg)
- âDie als Krisenintervention zu wertenden notwendigen, z. T. drastischen MaĂnahmen fĂŒr das Jahr 1994.
- Die neue Struktur der Zentrale mit Einsparungen in Höhe von 68 %; Ziel ist die schlanke Holdingstruktur.
- Das Zeitschienen-Szenario (bis 1998) aller Einsparungs- und UmstrukturierungsmaĂnahmen.
- Die StrukturverÀnderungen im Behindertenhilfebereich.
- SanierungsvorschlĂ€ge des Vorstands.â
Der Vorstandsvorsitzende skizziert dann seine diakonische Agenda:
âWenn diese Einrichtung den Anspruch hat, sich diakonisch zu nennen, dann darf das diakonische Proprium kein Superadditum sein, das man je nach Lust und Weltanschauung einfach weglassen kann â und dann wird die Einrichtung zu einer bloĂ sozialen. Nein, das Diakonische als das, was diese Einrichtung auszeichnet, hat etwas zu sein, das mit allem anderen verwoben ist, ohne dabei nun den miefigen Geruch kleinkarierter Frömmigkeit zu verbreitenâ. (ebd.)
Am Schluss seiner kurzen Rede berichtet Rolf Baumbach ĂŒber den runden Tisch mit Mitarbeitervertretung und ĂTV (VorlĂ€ufer der Gewerkschaft ver.di):
âWir befinden uns in einem sehr intensiven GesprĂ€ch mit Mitarbeitervertretung und ĂTV. Wir sind alle der Ăberzeugung, daĂ solche schwerwiegenden und durchgreifenden MaĂnahmen gegen die Mitarbeiterschaft wahrscheinlich nicht mit Erfolg durchgesetzt werden können. Wir brauchen dazu die UnterstĂŒtzung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und natĂŒrlich Ihre Hilfe [hier sind wohl die Leitenden MitarbeiterInnen gemeint]. Ich hoffe auf ein kritisches und offenes GesprĂ€ch, das von dem Wunsch beseelt ist, einander zu verstehen und nicht Schuld zuzuweisen.â (ebd.)
Konflikt um StrukturverĂ€nderungen und Sanierung â die Hamburger Tagespresse berichtet
Am 18. April 1994 berichten das Hamburger Abendblatt und andere Tageszeitungen von Reaktionen der Mitarbeitenden:
â150 von [den Mitarbeitenden] demonstrierten gestern vor der Werkstatt fĂŒr Behinderte, wo Stiftungsrat und Vorstand tagten. Zuvor war ein offener Brief in Umlauf gebracht worden, in dem Mitarbeiter den RĂŒcktritt des Vorstandes fordern, dessen UnfĂ€higkeit zu hoher Verschuldung â von knapp 40 Millionen Mark ist die Rede â gefĂŒhrt habe, weshalb nun ein Konkurs ohne StrukturverĂ€nderungen nicht mehr abzuwenden sei [âŠ].
Das Strukturmodell, das der Vorstand gestern dem Stiftungsrat vorstellte, ist fĂŒr viele ein Programm des RĂŒckschritts. So sollen angeblich der Psychologische Dienst und die Schule fĂŒr Erwachsene [gemeint ist wohl die Erwachsenenbildung] aufgelöst werden und jeweils drei Behinderten-Wohngruppen zu einer zusammengefaĂt werden. Förderung und Integration sei dann nicht mehr im bisherigen Umfang möglich, fĂŒrchten pĂ€dagogische Mitarbeiter, die sich ĂŒbergangen fĂŒhlen. [âŠ]
Mitarbeiter schlagen jetzt das sogenannte VW-Modell vor. Hierbei wird auf 2 bis 3 Stunden Arbeit und Lohn pro Woche verzichtet. Rund 180 ArbeitsplĂ€tze könnten durch diese Arbeitszeit-Umverteilung neu geschaffen werden.â
(s. ehl [VerfasserkĂŒrzel] 1994, o. T., in: Hamburger Abendblatt vom 18.4.1994 / Hamburger Morgenpost vom 18.04.1994, Hamburg)
Mai 1994
Die Lage der Wohngruppen spitzt sich zu
Die Situation in den Wohngruppen der Region Ost spitzt sich zu. Mit dem Schreiben vom 4. Mai 1994 schickt der pĂ€dagogische Regionalleiter, Theodorus Maas, drei aktuelle Ăberlastungsanzeigen im Rahmen seiner Informationspflicht an den Behindertenhilfevorstand, Hermann Scheile.
DarĂŒber hinaus kĂŒndigt er an, sĂ€mtliche weiteren Ăberlastungsanzeigen direkt an den Vorstand zu schicken. Personalvorstand Wolfgang Kraft erhĂ€lt eine gleichlautende Post.
Ergebnisse aus den GesprĂ€chen zwischen ĂTV, Vorstand und MAV
In einem mehrseitigen alsterdorf aktuell kommuniziert der Vorstand, in Bezug auf welche Aspekte er mit der ĂTV und der MAV eine Einigung erzielen konnte:
- âEinigung ĂŒber Arbeitsgruppen zur Mitarbeitervertretungsordnung (MVO) und zu auĂer-/ĂŒbertariflichen Regelungen,
- Einigung ĂŒber tarifliche MaĂnahmen,
- Befristete BeschĂ€ftigungsgarantie und Sozialfonds fĂŒr ZVV [Zentrale Verwaltung und Versorgung]-MitarbeiterInnen,
- BeschĂ€ftigungsgarantie fĂŒr MitarbeiterInnen [Mitarbeiter*innen] des Behindertenhilfe-Bereichs,
- Kenntnisnahme geplanter VerÀnderungen im ZVV-Bereich,
- Einigung ĂŒber die Struktur des Behindertenhilfe-Bereichs.
âŠ
Zielvorstellung des Vorstandes ist ein Wohnbereich, der aus 27 bzw. 28 Wohngruppen besteht. Sieben bzw. acht freigestellte Gruppenleitungen pro Wohnbereich sind jeweils fĂŒr bis zu vier Wohngruppen zustĂ€ndig. Die Wohngruppen haben eine/n GruppensprecherIn mit fachlich koordinierenden Aufgaben.â
(s. o. N. 1994, Der Runde Tisch â GesprĂ€che vorerst abgeschlossen, Alsterdorf Aktuell vom 10. Mai 1994, ArESA Publikationen, Hamburg)
Umbruch Sonderbeilage zum Runden Tisch, Nr 6 1994: MAV-Vorsitzender Jens Strampfer im Umbruch-GesprĂ€ch ĂŒber die Ergebnisse des Runden Tisches
Juni 1994
Eine wegweisende Wohnbereichskonzeption der WohnstÀtte VII in der Region Nord
Unter der Leitung von Birgit Schulz â spĂ€ter wird sie VorstĂ€ndin sein â erarbeitet die WohnstĂ€tte VII der Region Nord mit vielen Mitarbeitenden eine Wohnbereichskonzeption.
Ausgehend von einem Menschenbild, das durch die SchlĂŒsselbegriffe Selbstverwirklichung und Persönlichkeitsentwicklung bestimmt ist, legt das Konzept dar, wie die Begleitung der Menschen mit Behinderung und eine menschenwĂŒrdige Wohnumgebung fĂŒr diese aussehen soll. AuĂerdem wird beschrieben, wie Bewirtschaftung und Verwaltung von Wohngemeinschaften und wie Kooperationsformen der Arbeit aussehen können.
Notiz: Diese Konzeption wird zur Blaupause fĂŒr die weitere konzeptionelle Entwicklung des von Birgit Schulz geleiteten Wohnbereichs und des spĂ€teren Bereichs HamburgStadt. Birgit Schulz wird Ende des Jahres 2008 VorstĂ€ndin in der Stiftung.
Interview mit Birgit Schulz, Andrea Stonis und Thomas Steinberg
Juli 1994
Vereinbarung zum ausgehandelten Einigungspaket ist gescheitert
Der Vorstand informiert die Mitarbeiterschaft der Stiftung darĂŒber, dass die ĂTV in einem GesprĂ€ch am 29. Juni 1994 die aktuell vorliegende Vereinbarung in dieser Form ablehnt und substanzielle Nachverhandlungen fordert. Die Tarifkommission der ĂTV habe sich daraufhin gar nicht, wie eigentlich fĂŒr den 28. Juni 1994 vorgesehen, mit der Thematik befasst.
Daraufhin gibt der Vorstand zu verstehen,
- dass er bereit ist, in neue Verhandlungen mit ĂTV und MAV einzutreten, um zu grundlegend neuen Ergebnissen in Bezug auf die soziale Abfederung im Umstrukturierungsprozess zu kommen,
- dass ein Aufschub dieser Entscheidungen nicht möglich ist, bis ein neues Verhandlungsergebnis feststeht,
- dass diese Verhandlungen daher die in den nĂ€chsten Wochen anliegenden Entscheidungen, die PersonalmaĂnahmen und die Umstrukturierung betreffen, nur begleiten können.
Neustrukturierung der Behindertenhilfe
Vorstand Hermann Scheile kommuniziert die Entscheidungen zur Neustrukturierung:
(s. alsterdorf aktuell. Der Vorstand informiert Nr. 6/Juli 1994, ArESA Publikationen, Hamburg)
- âDie Entwicklung einer neuen Struktur fĂŒr den Wohnbereich war eine sehr âschwere Geburtâ, die auch auf meiner Seite mit EnttĂ€uschungen verbunden war [âŠ].
- Die neue Struktur fĂŒr den Bereich der Behindertenhilfe mit fĂŒnf Wohnbereichen und einem eigenstĂ€ndigen Förderbereich soll nun umgesetzt werden [âŠ].
- Alleinige LeiterInnen der fĂŒnf (statt bisher vier) Wohnbereiche werden sein:
Heinz-Adolf Giese, Raimond Jacob, Theodorus Maas, Birgit Schulz, Horst Weiher.
Die alleinige Leitung des Förderbereichs wird Ingeborg LeuthĂ€user [âŠ] ĂŒbernehmen.â
Notiz: Bisherigen Regionalleitungen, die hier keine Funktion erhielten, wurde ein neues TĂ€tigkeitsfeld angeboten oder ihnen wurde zum 30. Juni 1995 gekĂŒndigt.
September 1994
Die AntrĂ€ge der ESA fĂŒr das Pflegesatzjahr 1995 â die Antwort der BAGS
Mit Verwunderung und UnverstĂ€ndnis nimmt das Landesamt fĂŒr Rehabilitation und dessen betriebswirtschaftliche Abteilung die vorliegenden AntrĂ€ge der ESA zur Kenntnis, denn
- sie nehmen keinen Bezug auf die vormals getroffenen Vereinbarungen, und zwar sowohl was die preisliche Orientierung betrifft als auch bezĂŒglich der Vereinbarung, die zum Herbst 1994 die Vorlage einer Zwischenbilanz der vorgenommenen Umstrukturierung verlangt;
- in diesem Antrag ist eine Reihe von Aspekten vorhanden, die fachlicher Diskussion bedĂŒrfen. Zu diesen gehören
- die Entwicklungslinien,
- die zukĂŒnftigen Personal- und Organisationsstrukturen,
- die Finanzierungsfrage in Bezug auf die vorgesehenen Strukturen und die daraus resultierenden Leistungen auf der Grundlage der getroffenen Entgeltregelungen.
Dezember 1994
Die VorstÀnde Peter Buschmann und Hermann Scheile verlassen die Stiftung
Peter Buschmann, Jurist und seit 1989 Mitglied im Vorstand der Stiftung (Finanzen), zuletzt als stellvertretender Vorsitzender, scheidet Ende Juni 1995 aus der Stiftung aus.
Hermann Scheile, promovierter PĂ€dagoge, zunĂ€chst Regionalleiter (seit 1992) in der Region West und nach Ausscheiden von Ulrich Heine der erste Fachvorstand fĂŒr die Behindertenhilfe in der Stiftung, scheitert mit seinen BemĂŒhungen, in der krisenhaften Zuspitzung nachhaltige und wirtschaftlich wie fachlich erfolgreiche Strukturen in der Ăra nach der Regionalisierung zu etablieren (fĂŒnf Wohnbereiche und eigenstĂ€ndiger Förderbereich).
Der Stiftungsrat entscheidet, ihn mit sofortiger Wirkung ab dem 14. Dezember zu beurlauben.
Rolf Baumbach und Wolfgang Kraft â der neue zweiköpfige Vorstand der ESA
Wolfgang Kraft ist derjenige, der vom Stiftungsrat unmittelbar nach Abberufung von Hermann Scheile zum Sanierungsbeauftragten fĂŒr die Behindertenhilfe bestellt wird. Er kĂŒndigt sofort neue Verhandlungen mit der Behörde fĂŒr Arbeit, Gesundheit und Soziales an und stellt schnelle Ergebnisse in Aussicht.
In einem Interview mit dem Umbruch steckt er sein Aufgabenfeld und seine Kompetenzen ab:
- Er erhĂ€lt die Aufgabe der Sanierung, weil die Behörde einen GesprĂ€chspartner fordert, durch den es zu verbindlichen Regelungen mit ihr kommt. Dies besagt, dass die Behörde zu einer gewissen finanziellen AbstĂŒtzung der MaĂnahmen bereit ist.
- Seine Aufgabe besteht nicht darin, pÀdagogische Konzepte zu entwickeln; das ist Sache der Fachleute.
- Seine ureigenste Aufgabe besteht darin, einen Prozess in Gang zu setzen, damit es zu den erforderlichen, zeitnahen VerÀnderungen kommt, sodass die ESA wieder tragfÀhige Leistungen erbringen kann.
Unmittelbar nach seiner Bestellung zum Sanierungsbeauftragten wird ein gemeinsames Vorgehen mit der Behörde vereinbart. (ebd., S. 4 f.)
Notiz: Wolfgang Kraft schaffte es trotz wirtschaftlicher Regression und Stellenabbau, der Eingliederungshilfe in der Stiftung und damit der Stiftung insgesamt ein solides ökonomisches Fundament zu geben. Die Basis waren der Community-Care-Gedanke und, in enger Zusammenarbeit mit Rolf Baumbach, die freiheitliche Denkweise im Luthertum, sodass neben der wirtschaftlichen auch eine inhaltlich-progressive Wende eintrat.