12 / 1991 – Interview mit Sigrid Jürgensen

Teilnehmende

Sigrid Jürgensen

Reinhard Schulz

Nico Kutzner

Hans-Walter Schmuhl

Interview / Text

Kutzner: Guten Tag, ich bin Nico Kutzner. Ich begrüße Sie hier im Filmstudio von 17motion. Wenn Sie sich doch bitte vorstellen könnten.

Jürgensen: Mein Name ist Sigrid Jürgensen. Ich bin zurzeit Rentnerin und bin von der Stiftung Alsterdorf gebeten worden, für dieses Projekt Interviews zu machen, und das tue ich sehr gerne. Ich habe von 1981 bis 1999 in der Stiftung Alsterdorf gearbeitet.

Schulz: Mein Name ist Reinhard Schulz. Ich war lange Jahre in der Stiftung als Geschäftsführer beschäftigt, bin jetzt in dem Projekt Dokumentation der Entwicklung der Eingliederungshilfe tätig und koordiniere die Projektentstehung und -durchführung.

Schmuhl: Mein Name ist Hans-Walter Schmuhl. Ich bin Historiker an der Uni Bielefeld und zusammen mit meiner Kollegin Ulrike Winkler beauftragt, ein Buch über die Geschichte der Evangelischen Stiftung Alsterdorf von den Anfängen bis an die Gegenwart heran zu schreiben.

Kutzner: Wie stehen Sie zur Evangelischen Stiftung Alsterdorf?

Jürgensen: Zurzeit sitze ich (lacht). Ich bin schon so lange weg von der Stiftung, weil ich selbstständig war und jetzt auch Rentnerin bin, sodass ich die Entwicklung in den letzten Jahren nicht mehr so mitverfolgt habe. Ich habe aber gesehen, dass viele Dinge, die ich mit erarbeitet habe, in der Stiftung umgesetzt wurden, und das freut mich sehr.

Schmuhl: Sie sagten vorhin, dass Sie 1981 nach Alsterdorf gekommen sind, vielleicht sagen Sie mal ganz kurz, wie Ihr beruflicher Werdegang davor war und wie es dazu gekommen ist, dass Sie zu Alsterdorf gewechselt sind.

Jürgensen: Also, ich will jetzt nicht meinen ganzen beruflichen Werdegang erzählen, das würde zu lange dauern. Ich weiß nur, dass mich eines Tages Herr Clausen anrief – ich habe in Kiel studiert, bei Professor Clausen promoviert und dann war ich Dozentin an der Fachhochschule in Kiel –, und zwar wahrscheinlich initiiert durch den damaligen Schulleiter der Heimerzieherschule, seinen Namen habe ich nicht mehr in Erinnerung …

Schulz: Kristoffersen?

Jürgensen: Das könnte sein, und der hatte in Kiel studiert und gesagt, vermutlich aufgrund der Skandale in der Zeitung damals über die Situation in den Anstalten, sie [die Alsterdorfer Anstalten] wollten ein Projektteam zusammenstellen: eine Soziologin, eine Pädagogin und einen Juristen, und Herrn Kristoffersen, wenn er es denn war …

Schulz: Oder Herr Hildemann, Dr. Hildemann1.

Jürgensen: Dr. Hildemann war das, genau …

Schulz: Dr. Hildemann war sein Vorgänger.

Jürgensen: Dr. Hildemann –, daraufhin rief mich Herr Clausen an und sagte: Frau Jürgensen, da gibt es eine ganz interessante Geschichte in Hamburg. Haben Sie schon mal was von den Alsterdorfer Anstalten gehört? – Sag ich: Nein, noch nie, nie, never ever. – Und: Kümmern Sie sich doch mal darum! Das wäre was für Sie. Das war Ende 1980. Und dann hab ich einen Termin ausgemacht und bin irgendwann Anfang 1981 nach Hamburg gefahren, da war Pastor Schmidt noch der oberste Chef. Und dann habe ich ihm gesagt: Ich habe einen Tag, an dem ich in der Fachhochschule sein muss, aber die anderen Tage könnte ich von Kiel nach Hamburg fahren. Dann bin ich eingestellt worden mit den anderen beiden Kollegen, Frau Leutheuser, und den dritten Kollegen habe ich vergessen. Das ist ein Jurist gewesen. So, und dann, im Februar 1981, sind wir gestartet.

Schulz: Sie waren, glaube ich, in der Funktion der Soziologin.

Jürgensen: Ich war Soziologin. Ich habe ja Soziologie studiert unter anderem. Das war erst mal die Grundlage.

Schmuhl: Was war Ihr Arbeitsbereich?

Jürgensen: Die damaligen Anstalten haben gedacht, sie könnten in einem Jahr das Ganze umstrukturieren und in die Normalität kommen. Und der erste Auftrag war zunächst, sich einen Überblick über die Strukturen der Stiftung zu verschaffen und über die Lebensumstände der Menschen mit Behinderung dort. Und da haben wir erst mal Interviews gemacht. Wir haben in Wohngruppen hospitiert, um auch zu sehen, wie die Menschen dort lebten. Das war eine Bandbreite von wirklich schlimmsten Zuständen bis doch angenehm. Na ja, und dann haben wir einen Bericht geschrieben, wir drei, jeder aus seiner Perspektive – ich habe das Herrn Schulz schon erzählt –, und dann meinte irgendein Arzt und Psychiater: Frau Jürgensen, sind Sie noch im Amt? (lacht kurz auf) Der Bericht war doch recht kritisch, aber gut, das war der Anfang.

Schmuhl: Welche Problemfelder hatten Sie identifiziert?

Jürgensen: Meine waren eher die Aufbaustruktur der Stiftung und, natürlich, ein bisschen auch herauszufinden, wie die Menschen mit Behinderung dort lebten. Der Anfang war – die anderen Kollegen, Frau Leutheuser zum Beispiel, hatten, glaube ich, eher den pädagogischen Bereich – , mir erst mal einen Ãœberblick zu verschaffen: Was läuft in der Organisation, wie wird gelebt, gearbeitet, kommuniziert oder auch nicht kommuniziert, also einen Ist-Stand zu erfahren. Das war im ersten Jahr. Der Auftrag war eigentlich, Konzepte zu entwickeln, um die Menschen, die dort lebten, in die Normalisierung zu führen. Das war das Schlagwort für die Zeit: Normalisierung. Das ist also der Anfang gewesen.

Schmuhl: Dann waren Sie an den konzeptionellen Vorarbeiten zur Reform dieses sogenannten B-Bereiches2 beteiligt?

Jürgensen: Ja, also maßgeblich.

Schmuhl: Mmh.

Jürgensen: Ich denke, nachher kam noch der Kollege Schiemann dazu. Aber im Schwerpunkt habe ich das gemacht, natürlich immer mit den Menschen, die auch vor Ort gearbeitet haben, ob das nun Heimleitungen waren oder auch Gruppenleitungen. Aber die wichtigsten Konzeptionen und die Ideen kamen aus der Stabsstelle – wir hatten eine Stabsfunktion beim Vorstand.

Schmuhl: Was waren aus Ihrer Sicht damals die größten Baustellen? Wo musste Veränderung greifen?

Jürgensen: Ja, also, eine Riesenbaustelle war natürlich die Lebenssituation vieler Menschen mit Behinderung. Also ich habe gedacht: Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll! Es war wirklich schlimm, dies zu erleben. Nur, die Menschen in lebenswürdige Bedingungen umzusiedeln, das konnte man natürlich nicht mal so eben! Das ist ja ein langer Prozess gewesen. Und unsere Idee war oder meine Idee war damals, ein Schwerpunkt muss sein: Regionalisierung. Das hieß: Menschen mit Behinderung müssen ausziehen in die Stadtteile in Hamburg oder ins Umfeld in überschaubare Einheiten. Und Dezentralisierung hieß auch, diesen Moloch der Organisation so zu gestalten, dass er führbar und händelbar war. Das waren die beiden Schwerpunkte, und das war viel Arbeit, dahin zu kommen.

Es war ja wie ein Paradigmenwechsel in der Zeit für die Menschen, die an den maßgeblichen Stellen gearbeitet haben. Es gab dort Leitungspersonen, die froh waren, dass da endlich jemand war, der, ich sag mal, das Schiff ein bisschen anschob. Und natürlich gab es riesige Widerstände, was normal ist, wenn Veränderungen anstehen, dass Menschen dies in unterschiedlichsten Formen äußern. Na ja, in der Zeit waren wir öfter in Dänemark, wir haben uns also in anderen Ländern umgeschaut, wie die das machten.

Schmuhl: Ah ja.

Jürgensen: Wir waren mehrmals in Dänemark, wir waren in Italien. Also, wir haben uns ein bisschen umgeschaut, wie das andere Länder machten.

Schmuhl: Welche Einrichtungen haben Sie angeschaut? Wissen Sie das noch?

Jürgensen: Das weiß ich nicht mehr, das ist schon so lange her. Wir waren damals im Sozialministerium in Kopenhagen und mit denen sind wir dann – ich weiß das nicht mehr, irgendwie ist das schon so lange her. Und in Italien waren wir in Florenz und haben uns die Psychiatriebewegung angeguckt. Da haben wir Milani-Comparetti3 4 kennengelernt. Also das war schon alles sehr spannend. Wir haben, weil man ja nicht eins zu eins übersetzen kann, Ideen dazu mitgenommen, wie es laufen könnte. Im Laufe dieser ganzen Zeit sind dann nach und nach die Dinge passiert, erste Projekte, wo Menschen mit Behinderung ausgezogen sind. Manche wohnten ja schon außen, das waren aber Menschen mit Behinderung, die sehr selbstständig waren. Viele der Menschen, die ich dort kennengelernt habe, waren ja auch schwer mehrfachbehindert und schwer hospitalisiert – unglaublich! Also es war schon auch ein Schock, ein Riesenschock. Und da hab ich mir gedacht: Ich muss auch was tun, ich muss hier was tun!

Schmuhl: Haben Sie noch eins von den Häusern vor Augen? Können Sie das noch mal etwas konkreter schildern?

Jürgensen: Ja. Die erste Hospitation habe ich im damaligen Kinder- und Jugendhaus gemacht. Das war ja schon ein modernes Haus. Das waren schwerstmehrfachbehinderte Kinder und Jugendliche, vom Alter her eigentlich schon Jung-Erwachsene. Das war, ich sag mal, relativ zivil. Dann war ich im Karl-Witte-Haus und in einer der Baracken – ich weiß nicht, ob es Haus Karlsruh war. Das war das Schlimmste, was ich je gesehen habe! Es erinnerte mich an „Das Narrenschiff“ von Sebastian Brant5. Die Männer liefen halbnackt rum, waren zum Teil an der Heizung angekettet, es gab keine richtigen Möbel, sondern alles war ganz karg. Das war so schlimm! Eine Woche und ich dachte, ich müsste auf die Couch hinterher, so schlimm war das!

Kutzner: Wie war die Situation früher bei den Anstalten?

Jürgensen: Zum Teil ganz schlimm, also, es gab alles: Es gab ganz schlimme Situationen und dann gab es Wohngruppen, na ja, das ging so einigermaßen, und dann gab es Wohngruppen, wo ich denke, die hatten im Verhältnis ein relativ gutes Leben. Aber da die Menschen so lange in so großen Einheiten zusammengelebt und keine normalen Alltagsbedingungen hatten, waren sie schwer hospitalisiert – sehr schwer zum Teil.

Schulz: Hatten Sie das Gefühl, dass Sie mit der Abteilung Zentrale Planung diese Totale Institution6 wirklich ein Stück verändern konnten? Wie war Ihre Gefühls- und Stimmungslage nach diesen Eindrücken?

Jürgensen: Ich hatte vorher Goffman7 gelesen – […] klar, in meinem Studium schon – und dann traf ich auf eine Totale Institution in jeder Hinsicht: also nicht nur mit Blick darauf, wie die Menschen dort leben mussten, sondern auch, was die organisatorischen Bedingungen anging. Das war wirklich eine Totale Institution. Und ich habe gedacht, man kann das auflösen. Ich hatte, glaube ich, so viel Idealismus und vielleicht war ich auch – naiv bin ich eigentlich nicht –, ich habe nur gedacht: Wir müssen das hinkriegen! Wir müssen das hinkriegen! Das wird nur viele Jahre dauern.

Schmuhl: Sie haben vorhin eine Bemerkung gemacht in dem Sinne: Vom Vorstand war eben auch die Hoffnung, dass Sie und Ihre Kollegen auf der Stabsstelle etwas anschieben könnten, aber Sie haben gleichzeitig erwähnt, dass es natürlich in einer solchen Institution auch Widerstände gab.

Jürgensen: Ja. Der damalige Vorstand, also Pastor Schmidt, hat natürlich durch diese Skandale, die in der Presse hochkamen, auch gedacht: Wir müssen jetzt was tun! Eigentlich war der, sorry, ein bisschen naiv. Er war ja nicht böswillig oder so, aber von seiner Struktur her hat er sich um alles gekümmert. Er konnte nichts delegieren. Wir haben immer gesagt: Kommt das mit rein? „Er kümmerte sich um den letzten Putzlappen, der bestellt wurde“ [Zitat einer damaligen Heimleitung]. Also die Eigenständigkeit der Bereiche, von der Wohngruppe über die Heimleitung, also dass die auch selbstständig entscheiden konnten, das war relativ schwierig dort. Das hieß, da musste allein von der Organisationsstruktur, von den Abläufen, von den Verantwortlichkeiten her ganz viel geändert werden. Das war natürlich auch einer meiner Schwerpunkte.

Schmuhl: Ich nehme an, dass auch Herr Schmidt Schwierigkeiten damit hatte, wenn er ein Vorsteher vom alten Schlag war?

Jürgensen: Damals war Herr Heine mein Chef, der war Personalvorstand, aber Herr Heine war sehr offen. Der hatte das begriffen und wir sind öfter auch mal losgefahren. Wenn es Angebote an Häusern oder Wohnungen gab, sagte er: Da fahren wir jetzt mal hin! Also, der hatte das begriffen! Bloß, man musste es planmäßiger machen, nicht mal: Ach, da ist was und da ist was. Da haben sie uns Sachen angeboten, irgendwie draußen auf der grünen Wiese so alte Krankenhäuser. Ich dachte: Um Gottes willen! Dann war damals noch das sogenannte Carl-Koops-Haus8 schon in Planung und ich habe dem Vorstand gesagt: Bauen Sie es nicht, diesen Überwachungsbau, diesen zentralen Überwachungsbau!

Schulz: Fuhlsbüttel 2.

Jürgensen: Fuhlsbüttel 2! Santa Fu 2! Oder die Polizei, das große …

Schulz: … Polizeipräsidium.

Jürgensen: − wenn man Michel Foucault9 „Überwachen und Strafen“ liest, da gibt es diese Bauten schon im 18./19. Jahrhundert. Ich habe gesagt: Bauen Sie es nicht! – Ja, aber wir haben schon mehrere Millionen investiert! – Ich habe gesagt: Egal! – Das kostet viel zu viel Geld! – Nachher haben sie es wieder abgebaut, oder?

Schulz: Ja, abgerissen nach 25 Jahren.

Jürgensen: Und das war auch gut so. Ich meine, die Wohnbedingungen waren dort besser, aber das ganze Gebäude war furchtbar!

Schulz: Ja.

Jürgensen: Es war eine große Sünde!

Schmuhl: Das finde ich interessant, dass im Vorfeld schon solche Diskussionen gelaufen sind.

Jürgensen: Ja.

Schmuhl: Dass dann aber eigentlich dadurch, dass schon so viel investiert worden war, das Ganze schon so eine Eigendynamik hatte.

Jürgensen: Ja, das hatte eine Eigendynamik.

Schmuhl: Ah ja.

Jürgensen: Und die hatten nicht den Mut – die hatten das Geld von der Behörde wohl auch bekommen –, die hatten nicht den Mut, zu sagen: Wir stoppen das und alles, was zusätzlich kostet, investieren wir lieber in Neubauten oder die Sanierung von geeigneten Häusern oder wie auch immer. Also das war zu der Zeit – ich weiß gar nicht, wann das war, 1982/1983 war das, glaube ich –, wo ich gedacht habe, ich könnte die Herren da oben noch umstimmen. Ich weiß gar nicht, ob Uwe Schiemann da schon da war – egal, aber der wäre auch immer dagegen gewesen.

Schmuhl: Sie haben das gerade so anschaulich geschildert und gesagt, dass Sie da losgezogen sind, sich Immobilien angeschaut haben, und Sie sagten dann, das hätte etwas planmäßiger sein müssen.

Jürgensen: Ja.

Schmuhl: Wie haben dann die Pläne Gestalt angenommen?

Jürgensen: Planmäßig: Also es ging ja erst mal darum, mit Wohnungsbaugesellschaften Kontakt aufzunehmen, mit Behörden, mit Sozialausschüssen. Also man musste mit allen möglichen politischen Organisationen sprechen, die fit machen oder erst mal informieren, was die Stiftung eigentlich vorhatte, wie das überhaupt aussah. Wir hatten mit dem Beauftragten für Behindertenwohnraum in der Baubehörde zu tun, von dem wir immer sagten: Das ist der einzige ordentliche Mensch in der Baubehörde.

Schmuhl: Aber die Funktion hatten die schon?

Jürgensen: Das hatten die, das gab es, [um], ich sag mal, verschiedene Stellen anzureizen oder Bewusstsein zu schaffen, dass die Stiftung vorhatte, dass Menschen mit Behinderung ausziehen, dass sie in Stadtteile ziehen und zumindest in einem normalen Umfeld leben sollten. So, das war alles da. Wohnraum zu bekommen war äußerst schwierig, denn wenn man ihn hatte, dann hatte man das Problem mit den Nachbarn. Denn die Nachbarn, die waren das ja nicht gewöhnt, dass in der Nachbarschaft Menschen mit Behinderung lebten. Also das Ganze war doch ziemlich kompliziert. Wir brauchten also in den unterschiedlichen Institutionen auch Unterstützung.

Schmuhl: Bei den Bauträgern, die Sie angesprochen haben, wie war da die Resonanz? Das war doch noch ein relativ neuer Gedanke?

Jürgensen: Ja, natürlich, das war neu, denn Normalisierung, also dass Menschen mit Behinderung normal in einem Stadtteil lebten, das musste nicht unbedingt sein. Da war viel Arbeit nötig, um das Bewusstsein der Menschen zu verändern, zumindest erst einmal der Menschen, die auch mitentscheiden konnten. Was die Menschen angeht, die im Umfeld lebten, das ist noch mal eine ganz andere Geschichte. Da musste man dann vorher, bevor die Menschen mit Behinderung einzogen, mit den Nachbarn arbeiten, mit ihnen sprechen. Man musste sie auch einladen und erzählen, wer dort einzieht, was das für Menschen sind. Also, das ist zum Teil gut gelaufen und zum Teil eben nicht gut gelaufen. Es war viel Arbeit! Hier muss ich auch das Pionierprojekt von Helga Treeß erwähnen.

Kutzner: Und hat das die Wohnsituation verbessert?

Jürgensen: Ja, natürlich. Nach und nach. Heute leben ja nicht mehr viele Menschen im Gelände? Ich weiß nicht, wie viele da noch leben.

Schulz: Also, da sind die drei Apartmenthäuser im engeren Sinn, und das war’s dann auch.

Jürgensen: Ja.

Schulz: Die Alsterdorfer Gärten, die aber schon normale Wohnsituation sind.

Jürgensen: Das war’s dann auch. Da sind doch nach und nach viele ausgezogen?

Schulz: Fast alle, ja.

Jürgensen: Na ja, das hab ich Ihnen ja erzählt, 1985 hatte ich die Idee, also eine Ideensammlung, was man aus dem Gelände machen könnte, dass man das anbinden muss an den Stadtteil, dass man da einen Markt gestalten muss mit Einkaufsmöglichkeiten, Café und Post, dass auch die Menschen aus den Stadtteilen dahin kommen und dass das normal ist, dass da auch Menschen mit Behinderung leben, aber dass es alle anderen Sachen gibt, das Krankenhaus, die Schulen, das Werner Otto Institut – ich weiß nicht, was da alles noch war –, Therapiezentrum, aber dass das ein Marktplatz ist, der für alle zugänglich ist.

Schmuhl: Hatten Sie da Vorbilder oder haben Sie irgendwo Ideen aufgegriffen?

Jürgensen: Nein, ich habe das einfach so mal gemacht, aber das Papier existiert nicht mehr. Ich habe es nie aufbewahrt. Es war eine Ideensammlung, kein Konzept, ich hatte auch keinen Auftrag dazu, ich habe nur gedacht: Straßennamen machen, also wie ein Stadtteil im Stadtteil. Das ist es ja geworden. Hat zwanzig Jahre gedauert!

Kutzner: Wie haben Sie sich das früher so vorgestellt?

Jürgensen: Ja, ich habe mir das vorgestellt. Ich dachte, wenn die Menschen ausziehen und einige bleiben noch, die anderen sind umgezogen, aber die anderen Menschen, die da ringsum wohnen, in der Alsterdorfer Straße oder in diesem kleinen grünen Stadtteil – ich weiß gar nicht, wie der heißt, wenn man über die Sengelmannstraße rübergeht, da ist doch so ein kleiner Stadtteil …

Schmuhl: … diese Gartenvorstadt …

Jürgensen: … diese kleine Gartenvorstadt – und die haben alle keine Geschäfte. Die nächsten sind in der Alsterdorfer Straße irgendwo – und die brauchen das ja auch. Und die Leute, die da wohnen, finden das ganz toll: Da gehen wir immer einkaufen! Da haben wir alles! Wir gehen ins Kesselhaus. Also die nutzen das auch.

Schmuhl: In gewisser Weise weist das ja schon über das Normalisierungsprinzip hinaus, finde ich.

Jürgensen: Ja, aber ich dachte immer: Ich kann nur normalisieren und Integration machen, wenn ich auch das ganze Gelände mit öffne und mit einbeziehe als Teil des Stadtteils. Sonst geht das nicht. Und später haben die dann, glaube ich, eine Fachhochschule beauftragt. Das war dann alles so riesig. Aber die haben diese Ideen eigentlich aufgegriffen. Die sind dann ja auch umgesetzt worden. Ich weiß gar nicht, wann, aber …

Schmuhl: Da ist relativ viel Zeit verstrichen.

Jürgensen: Sehr viel.

Schmuhl: Wenn ich jetzt überlege: So, wie Sie das schildern, sind das ja konzeptionelle Ansätze, die Sie in den 1980er-Jahren entwickelt haben.

Jürgensen: Also, das ist, wie gesagt, eine Ideensammlung. 1985 habe ich die gemacht.

Schulz: Von 1987 gibt es eine Rahmenkonzeption von Frau Dr. Jürgensen.

Jürgensen: Aber da steht es, glaube ich, nicht drin.

Schulz: Die habe ich auch schriftlich mit. Die habe ich Ihnen auch zugeschickt [zu Frau Dr. Jürgensen gewandt]. Da geht es um das Thema Regionalisierung und da stehen auch Stichworte zur Frage, wie das Anstaltsgelände sich entwickeln soll.

Jürgensen: Ja.

Schulz: Meine Frage an Sie ist auch: Wie schätzen Sie es ein, was sind die Gründe dafür, dass die Regionalisierung, nachdem sie dann ja 1989 angegangen wurde, 1993 im Grunde gescheitert ist? Was waren die Gründe aus Ihrer Perspektive? Es gab ja da dann diese Gründung der neuen Wohnbereiche. Musste es eigentlich sozusagen den Alsterdorfer Rest geben, nämlich das Alster-Dorf, als eigenen Bereich neben dem Bereich Hamburg-Stadt und –Umland, damit sich das Dorf auflöste?

Jürgensen: Ich war da ja nicht mehr für diese Themen tätig. Also von unserer Denke her war als Ziel gedacht: Man muss die Anstalt auflösen, aber nicht den räumlichen Teil, sondern die Anstalt in den Köpfen und für die Wohnbedingungen der Menschen, die dort leben – diese Anstalt muss aufgelöst werden. Das Gelände ist ja schön mit seinem Baubestand und den Grünflächen und mit den alten Gebäuden. Das muss man ja nicht wegmachen. Das war nie unsere Idee gewesen und wir haben nie gesagt: Das muss weg, sondern: Das ist dann ein Teil der Organisation. Ein Teil der Behindertenhilfe findet im alten Teil statt und der andere in den neuen Teilen. Das war unsere Idee. Ich weiß nicht mehr, wer dann dafür zuständig war. Man konnte doch nicht so ein Riesengelände einfach plattmachen – das ist ja nicht nur für die Menschen mit Behinderung, da war ja alles Mögliche drin, Krankenhaus, Werkstatt, Werner Otto Institut, Schulen, das gehörte ja alles dazu!

Schmuhl: Die Schaffung der Regionen, das Konzept der Regionalisierung, darüber würde ich auch gerne mehr erfahren.

Jürgensen: Ja, Regionalisierung hieß eigentlich nur, dass man das Zentralgelände so weit auflockerte, dass ein Teil [der Menschen mit Behinderung] im Zentralgelände leben konnte, aber menschenwürdig, wenn man die Wohnbedingungen dementsprechend veränderte, und dass die anderen Menschen mit Behinderung in unterschiedliche Stadtteile ziehen konnten, oder zum Teil waren sie schon im Umland – Neuendeich oder Bargfeld-Stegen, also es gab ja schon einige draußen, ob die optimal waren, möchte ich dahingestellt sein lassen. Aber die anderen Menschen, die in die Stadt zogen, das war für mich die Regionalisierung, also die Auflösung des Anstaltscharakters. Das und die Veränderung der Strukturen waren das eigentlich Zentrale. Das gehörte eng zusammen, dass in Bezug auf die Zuständigkeit für die Bereiche, die dann ausgezogen waren, die Leitungen, egal, wie die dann hießen, dass die selbstverantwortlich im Rahmen eines Budgets waren oder wie auch immer, also eigene kleine Einheiten waren. Das war eigentlich die Idee dahinter. Nichts Aufregendes. Wie kleine Filialen.

Schmuhl: Wie ist das eigentlich? Das habe ich bisher noch nicht so richtig verstanden: Nach etwa zehn Jahren hat es ja wieder eine Umstrukturierung gegeben, sodass die Regionen dann in die Wohnbereiche …?

Schulz: Ja, das war dann ein kürzeres Intervall. 1989 gab es die Regionalisierung. Und dann war es so – darauf zielte meine Frage ja auch ab –, dass schon 1993 die Regionalisierung strukturell beendet wurde, und da knüpft nun meine Frage an – denn dann ging es um das Thema Sanierung der Behindertenhilfe: Wie haben Sie das eigentlich erlebt? Da wurde ja auch das Konzept der Regionalisierung gekippt und es ging um Sanierung. Haben Sie da mitbekommen, dass plötzlich andere Paradigmen im Vordergrund standen?

Jürgensen: Also im Rahmen der Sanierung gab es finanzielle Probleme – riesige! Davon waren wir alle betroffen, nicht nur der Wohnbereich, alle Bereiche im Grunde. Aber da war ich ja nicht mehr mit dabei. Ich musste damals selber sehen, wie wir das in meiner Abteilung für Organisations- und Personalentwicklung finanziell hinbekamen. Also wir alle mussten ja Budgets entwickeln, wir mussten Strategieplanungen machen. Wir wurden alle angehalten, jetzt selbstverantwortlich tätig zu sein, und das betraf natürlich auch den Wohnbereich. Ich weiß nicht, Regionalisierung, die haben doch nicht aufgehört damit!

Schulz: Die Regionalisierung wurde strukturell beendet. Es gab keine Regionen mehr 1993 …

Jürgensen: Okay.

Schulz: … sondern es gab dann drei große Wohnbereiche. Es gab den Wohnbereich Hamburg-Stadt, den Wohnbereich Alster-Dorf und HamburgUmland – drei Bereiche. Das war auch meine Frage: Die Regionalisierung wurde strukturell abgelöst durch Wohnbereiche, aber in der Phase der Sanierung.

Jürgensen: Das kann sein. Aber da war ich gar nicht mehr involviert. Ich hatte da gar keine Aktien drin.

Schmuhl: Wann haben Sie die Verantwortung für Organisations- und Personalentwicklung übernommen?

Jürgensen: 1990. Die beiden Beraterinnen des Vorstands, Frau Bauer-Sternberg und Frau Schaper, hatten sich dafür eingesetzt, dass ich eine Ausbildung für Organisations- und Personalentwicklung in Salzburg bei Trigon10 mache – sagt Ihnen vielleicht nichts. Und danach war klar: Die Stiftung musste irgend so etwas haben. Dann wurde erst mal ein Projekt gegründet, wo alle Bereiche oder alle Einzelpersonen einbezogen waren, die im weitesten Sinne etwas mit Personalentwicklung zu tun hatten, ob das Fortbildung war, die Heilerzieherschule, also alle Kollegen und Kolleginnen, die irgendwas damit zu tun hatten – obwohl Personalentwicklung ja etwas ganz anderes ist eigentlich, die haben immer gedacht, es ist Fortbildung. Dieses Projekt, das hat, glaube ich, jemand von außen, vielleicht Frau Bauer-Sternberg, ich weiß es nicht mehr, jedenfalls aus diesem Projekt heraus war klar: Wenn es so eine Abteilung gibt, dann werden die einzelnen Personen, die jetzt alle lose irgendwo herumsitzen, zusammengefasst. Das war also der Fortbildungsbereich, das war die sogenannte Ausbildung für die Tätigkeit von Erziehern, die ATE – das haben die beiden Damen McNamara und Gerhard gemacht –, und die Erwachsenenbildung, also davon waren alle Bildungseinrichtungen betroffen. Aber übrig blieben dann so ein paar einzelne Personen, die zusammengefasst worden sind in dieser Abteilung. Ich hatte den Auftrag, ein Konzept für Personalentwicklung zu schreiben. Ich habe das auch mit. Das habe ich dann im Laufe von 1990 vorgestellt und das hat keiner zu Beginn wirklich verstanden.

Schmuhl: Warum nicht?

Jürgensen: Ja, das war doch sehr neu für die Herren oder Damen da oben – das waren fast nur Herren. Also, das war ein großes Schaubild auf einer großen Pinnwand. Und dann hab ich das erklärt, was eigentlich Personalentwicklung ist, was man dafür braucht, dass die Stiftung sich entscheiden muss, was davon will sie erst mal machen, womit will sie schon mal anfangen. So. Das hat dann eine Weile gedauert. Dann haben wir aber auch losgelegt.

Schmuhl: Warum brauchte die Stiftung Personalentwicklung?

Jürgensen: Personalentwicklung – es gibt da unterschiedliche Dinge. Personalentwicklung fängt an bei der Bewerbung oder Ausschreibung und geht bis zum Ausscheiden eines Mitarbeiters, einer Mitarbeiterin und hat unterschiedliche Funktionen und Stationen. Es gibt natürlich Bereiche. Der Bereich der Führungskräfte zum Beispiel war ein großes Feld: Wie machen wir Führungskräfte fit, wie machen wir Teams fit? – Oder, wenn es Arbeitsgruppen gibt, wer leitet die? – Wir haben Moderatoren ausgebildet, wir haben unterschiedliche Dinge gemacht. – Oder: Wie macht man zum Beispiel Zielvereinbarungen? Also wir haben für diese Dinge entweder Seminare gemacht oder, ich sag mal, Instrumente entwickelt, damit das passiert, oder Einführung neuer Mitarbeiter, eine regelmäßige Veranstaltung mit einem klaren Fahrplan, solche Dinge. Und das hat eine ganze Menge gebracht und nebenbei haben wir natürlich auch versucht, die Veränderungen in der Stiftung mit zu begleiten. Das war dann nicht nur der Behindertenbereich, sondern da kamen auch die Krankenhäuser, auch mal die Werkstatt, die Bugenhagenschule, alle hatten Bedarf und haben sich bei uns entweder Coaching oder mal eine Moderation oder Beratung Wie machen wir das? geholt. Also, wir hatten ganz gut zu tun und irgendwie fingen sie alle an, sich zu bewegen, und merkten, das ist doch gar nicht so schlecht.

Schmuhl: Was waren im B-Bereich die größten Probleme beim Personal?

Jürgensen: Also, ein Problem war sicher das Burn-out. Wir haben also auch Burn-out-Seminare gemacht oder auch im Einzelcoaching versucht, einzelnen Menschen zu helfen. Wir haben Führungskräfte geschult. Da gab es immer wieder unheimlich viele Klagen: Unsere Chefs, unsere Chefin – obwohl, wer oben sitzt, weiß, wie das ist, und wer unten sitzt, das sind unterschiedliche Sichtweisen! Aber der Ansatz, die Leute, die einen Bereich leiten, ob eine Gruppe, ein Haus, ein Heim, einen Geschäftsbereich, diese Leute ein bisschen fit zu machen, geschah eigentlich, um auch, ich sag mal, eine andere Kommunikationskultur zu entwickeln, also nicht nur dieses Von-oben-nach-unten, sondern vernetzter, wertschätzender. Es gab eine ganze Menge Dinge, die da geleistet werden mussten.

Schmuhl: Stichpunkt Organisationsentwicklung. Können Sie das noch etwas erläutern – für mich als Nichtsoziologen ein etwas vager Begriff?

Jürgensen: Ja, glaube ich Ihnen, obwohl der nicht unbedingt soziologisch ist. Also, eine Organisation ist ja nicht statisch. Die ist einmal gebildet worden zu einem bestimmten Zweck, hat bestimmte Personen, hat Abläufe, hat Kommunikationsprozesse und produziert irgendwas oder es gibt irgendeine Dienstleistung. So, und die OE, also die Organisationsentwicklung, greift immer dann, wenn Veränderungsprozesse anstehen beziehungsweise auch im laufenden Geschäft, denn auch im laufenden Geschäft hakt es immer mal wieder, oft reichlich. Das heißt, immer wieder hinzugucken: Was läuft jetzt gerade nicht und wo müssen wir das verändern? Wer ist daran beteiligt? Wen müssen wir unterstützen? Ein wichtiger Punkt bei der OE ist immer die Beteiligung der Menschen, die von diesen Veränderungsprozessen betroffen sind – nicht von oben rein, so wird’s gemacht, sondern mit denen an einen Tisch, erst mal eine Analyse machen: Wie ist der Stand? Was müssen wir verändern? Wo wollen wir hin? Und dann überlegen: Wie machen wir das? Wer macht das mit wem und solche Geschichten. Klingt alles sehr einfach, ist aber äußerst kompliziert, weil es ein demokratischer Prozess ist.

Schmuhl: Kann ich mir vorstellen, ja.

Jürgensen: Fritz Glasl11, bei dem ich meine Ausbildung gemacht habe, hat uns immer gesagt: Leute, wenn ihr 30 Prozent hinkriegt in den Veränderungen, dann seid ihr wirklich gut gewesen. Und das ist wirklich schwierig. Aber das liegt an den Menschen. Wir dürfen nie vergessen, dass Menschen das machen, und je nachdem, welche Themen die Menschen haben – Macht, Eitelkeit, Neid, Widerstand, also die ganze Palette von den eher unangenehmen Eigenschaften –, muss man diese alle irgendwie mit einbinden. Schwieriges Geschäft!

Kutzner: Wie sahen diese Veränderungen aus?

Jürgensen: Also die Veränderungen waren auf der einen Seite so, dass die Personen, die zum Beispiel Gruppen geleitet haben, also die Wohngruppen, oder die damaligen Heimbereiche oder wie die dann hießen, Geschäftsbereiche, dass die einfach besser geschult waren und mit ihren Mitarbeitern anders umgegangen sind, klarere Vorgaben gemacht haben oder klarere Absprachen getroffen haben, sodass das Miteinander einfacher war. Und dann kam später noch die Budgetverantwortung dazu. Die bekamen eine bestimmte Summe an Geld, mit der sie arbeiten mussten und die sie auch genau zu verteilen hatten: So, das ist jetzt mein Budget und jetzt habe ich, was weiß ich, sechs Gruppen, die kriegen ja auch alle etwas ab. Und dieses alles miteinander zu regeln war doch auch kompliziert. So, das war die Veränderung. Und Menschen verändern sich. Es ist ja so, dass Fachleute, die schon lange in dem Geschäft sind, sagen: Man kann ja Führungskräfte schulen, bloß, sie müssen ein bestimmtes Potenzial mitbringen in ihrer Persönlichkeit: Wie gehe ich mit Menschen um, was für ein Menschenbild habe ich, und habe ich überhaupt den Biss, so etwas zu machen und auch etwas zu verändern, und traue ich mich auch mal, unangenehme Dinge zu machen und nicht immer nur lieb Kind zu sein? Denn das ist die Falle, und bei den meisten Menschen ist es so: Man kann vieles schulen, Methoden, man kann Kommunikationstraining machen, man kann ganz vieles schulen. Wenn die Persönlichkeit das nicht integriert, dann hilft das auch nicht viel. Und im Rahmen dieser ganzen Geschichte Organisationsentwicklung haben wir damals eine Steuerungsgruppe gebildet, um diese Veränderungsprozesse zu begleiten. Eine Steuerungsgruppe entscheidet nicht, sondern sie analysiert, was gerade läuft, wer gerade eigentlich was macht, wie das läuft, und wenn es nicht gut läuft, wie man intervenieren kann im Sinne von, wer muss da jetzt aktiv werden, damit das anders geht. Das war auch ganz neu in Alsterdorf und schwierig, weil man nicht an den Themen konkret arbeitete, sondern nur an den Prozessen. Das war äußerst schwierig, äußerst schwierig!

Schulz: Können Sie erzählen, wie dann die Zuständigkeit der OEPE-Abteilung [Abteilung für Organisations- und Personalentwicklung] endete, weil Sie sagten, Sie seien ja Ende der 1990er-Jahre, glaube ich …

Jürgensen: 1999

Schulz: … 1999 ausgeschieden. War die Organisationsentwicklung, ich sag mal, erschöpft – oder fertig?

Jürgensen: Nein, überhaupt nicht, war sie nicht. Ich muss mal überlegen. Wir hatten ja auch ein umfängliches Programm in der Stiftung gemacht, wo alle möglichen Angebote waren, nicht nur von unserer Abteilung, sondern auch von den anderen beiden haben wir – schade, dass das nicht im Archiv ist! – so richtig dicke Hefte jedes Jahr herausgebracht. Im Rahmen der Sanierung wurden ja die Handwerksbetriebe aufgelöst – und zum Beispiel die damaligen Handwerker, Tischler und Klempner, also wirklich gestandene Kerle, mussten jetzt so eine einjährige Ausbildung machen für Angestellte in der Tätigkeit von Erziehern oder Erzieherinnen – ich glaube, es waren nur Männer. Das war ja auch ein Teil von dem, was wir gemacht haben. Das war gar nicht einfach, weil diese Angestellten, die hatten überhaupt keine Meinung dazu, wie man sich vorstellen kann. Ganz schwierige Situation! Und, ich sag mal, was die ganzen Prozesse in den Behindertenbereichen angeht, da waren wir, glaube ich, im Großen gar nicht mehr drin. Vielleicht mal so mit Teamentwicklung und Führungskräfteschulung, das haben wir gemacht, aber die Umstrukturierung war ja eigentlich gelaufen oder hatte sich dann wieder verändert.

Schulz: Und hatten Sie das Gefühl, dass das mit Erfolgsparametern einherging – also Umstrukturierung im Sinne von: Es war nicht mehr so zentral, es war dezentraler?

Jürgensen: Ja. Wir hatten das Gefühl, also ich sag mal, von meiner Perspektive, denn die anderen Kollegen hatten ja mit dem Geschäft vorher gar nichts zu tun gehabt. Für mein Empfinden – also, wenn ich mich überhaupt noch erinnere – war es im Grunde abgeschlossen, im Sinne von: Die Konzepte standen. Die Details mussten die schon selber entwickeln, also dafür waren wir ja nicht mehr zuständig: Wer zieht wohin und wie strukturieren sie die Leitungsgeschichten oder wer ist dafür zuständig? Das war gar nicht mehr unser Ding. Da hatten wir also auch keine Aktien mehr drin. Ich weiß gar nicht, wer damals Vorstand war, wer das geleitet hat. Also das haben die schon alleine gemacht.

Schulz: In der Phase waren ja dann zwei Vorstände, Herr Baumbach und Herr Kraft, in der Sanierungssituation.

Jürgensen: Ja, ja, die Sanierung war ja auch eine sehr durchgreifende Veränderung, weil wir Budgets entwickeln mussten. Unsere Abteilung war ja auch ein Cost-Center. Wir mussten uns ja selber verdienen, und zwar komplett alles, vom letzten Stuhl bis zur Miete und Telefon. Da hatten wir auch genug zu tun. Wir mussten Kunden akquirieren, innen oder außen. Ich hatte ziemlich viele Kunden außen, weil ich immer durch die Weltgeschichte gefahren bin und in Frankfurt, Halle, Schleswig und woanders Seminare gegeben habe und dann auch angefragt wurde. Also, ich hatte so viel Außenkunden, dass ich mich dann selbstständig gemacht habe.

Schmuhl: Aha. Das war mir nicht klar, dass Sie auch Beratungstätigkeit für andere Einrichtungen gemacht haben.

Jürgensen: Ja, natürlich, wir mussten Geld verdienen!

Schmuhl: Alles klar, ja.

Jürgensen: In Schleswig, in Heiligenhafen, in Frag-mich-nicht-wo, ich weiß es nicht mehr so genau.

Schulz: Und war das so ein paradigmatischer Wechsel in der Frage: Wie funktionieren Dienste in der Stiftung, wenn Sie sagen: Wir mussten Geld verdienen?

Jürgensen: Ja, wir mussten Geld verdienen, und ich musste ein Budget planen und habe dann, vermute ich mal, die einzelnen Bereiche kontaktet und gefragt, was sie im nächsten Jahr an Unterstützung von uns bräuchten, und dann haben sie mir das gesagt: So, wir könnten das gebrauchen und das gebrauchen. Das war aber nicht nur der Behindertenbereich. Das war das Krankenhaus, oder auch mal die Werkstatt, das Heinrich Sengelmann Krankenhaus. Also die haben gesagt: Das und das könnten wir gebrauchen. Dann haben wir das für sie entwickelt oder angeboten und dann hatten wir natürlich Außenkunden. Ein, zwei Kollegen hatten auch noch mal Außenkunden, Günther Hahnemann durch seine TZI-Tätigkeit [TZI meint Themenzentrierte Interaktion]. Ich hatte die meisten Außenkunden und ich musste auch am meisten verdienen, weil die Bilanz stimmen musste – darf man nicht vergessen, ja, so war das. Insofern waren wir mit den klassischen OE-Themen gar nicht mehr so beschäftigt. Durch diese Sanierungsgeschichte hat sich das ein bisschen verändert.

Schmuhl: Apropos praktische Arbeit. Sie haben das eben sehr plastisch geschildert – die Handwerker, die dann zu Erziehern umgeschult werden mussten. Können Sie noch mehr darüber erzählen, was der Sanierungsprozess so mit sich gebracht hat, was in Ihren Bereich eingeschlagen ist?

Jürgensen: Da waren jetzt zum Beispiel die Handwerker. Aufgrund der Kosten haben sie die Handwerksbetriebe geschlossen und die Mitarbeiter, die dort angestellt waren, waren dann arbeitslos und dann gab es da eine Idee auch mit der MAV zusammen damals, mit der Mitarbeitervertretung. Jens Stampfer, Strampfer?

Schulz: Strampfer.

Jürgensen: Strampfer. Der hatte mich dann kontaktiert: Könnt ihr was für die machen? − Ich sag: Du, klar. Wir können in Anlehnung an die sogenannte ATE [Angestellte in der Tätigkeit einer Erzieherin oder eines Erziehers] ein reduziertes Format machen für ein Jahr und ein Programm entwickeln. Das haben wir auch gemacht, haben das abgestimmt. Wir haben die Beteiligten vorher auch eingeladen und haben denen gesagt, was auf sie zukommen würde. Die waren willig, also man muss sagen, die waren willig, aber glücklich waren sie nicht.

Schmuhl: Kann man sich vorstellen.

Jürgensen: Glücklich waren sie gar nicht! Und dann haben wir noch für die Werkstatt die Gruppenleiterausbildung gemacht, für ganz Hamburg. Das war eine Idee mit Herrn Lühr damals und später ging das auch über Hamburg hinaus. Also, wir hatten so mehrere Standorte in der Weiterbildung. Und das ist eigentlich auch gut gelaufen. Da haben wir es auch OE-mäßig angelegt. Wir haben das Programm mit den Rehaleitungen der betroffenen Hamburger Werkstätten nicht „entwickelt“, sondern der Ansatz war im Sinne von: Das ist unser Konzept und jetzt lass mal reingucken und anpassen. Und jedes Jahr nach Abschluss einer Runde haben wir sie eingeladen, um zu hören: So, was sagen eure Leute, was können wir verändern. Wir sind also im Prozess geblieben, heute würde man sagen Qualitätsmanagement. Glasl hat immer gesagt: Qualitätsmanagement braucht ihr nicht, wenn ihr OE richtig macht, dann laufen die Prozesse sowieso, dann prüft ihr das auch regelmäßig, dann habt ihr das auch.

Schulz: Ja.

Jürgensen: Und das war eigentlich eine gute Geschichte, die ist auch weitergelaufen, als ich ausgeschieden bin. Das weiß aber Herr Schulz.

Schmuhl: Ich möchte mal ganz allgemein fragen. Sie waren jetzt dabei von Anfang der 1980er- bis Ende der 1990er-Jahre, Sie haben ja verschiedene Vorstände erlebt.

Jürgensen: (lacht kurz auf)

Schmuhl: Sie haben vorhin schon etwas erzählt von Schmidt. Mondry und Baumbach haben Sie erlebt. Wie haben sich Leitungsverhalten und Leitungsstrukturen in Ihrer Zeit verändert?

Jürgensen: Ja, ich muss mal überlegen. Der Hauptvorstand war ja immer ein Pastor. Und das hatte sich schon verändert von Herrn Schmidt bis zu Herrn Baumbach am Schluss. Es ist ja so, normalerweise hat ein Pastor nicht unbedingt gelernt, so einen großen Laden zu führen, es sei denn, er hat selber Fortbildungen gemacht. Er, der Vorstand, hatte natürlich seine Leute dabei und das war dann sehr unterschiedlich, Finanzchef oder Personalchef oder wie die immer hießen. Und, ich will mal so sagen, die jeweils neuen Vorstände sind dann auch in diesen ganzen Entwicklungsstrudel mit hineingekommen und waren durchaus unterstützend, ja klar, waren sie. Und klar gab es Schwierigkeiten, aber ich war dann ja nicht mehr dabei, obwohl unsere Abteilung auch maßgeblich war; denn an dieser Schaltstelle, die da hieß Umstrukturierung, Wandel gestalten und Menschen mitnehmen, hatten wir natürlich auch genug zu tun. Und es gab Reibungsflächen. Reichlich! Normal, normal, ja.

Schulz: Wenn Sie jetzt zurückblicken und die Chance hätten, noch einmal neu zu starten, würden Sie wieder so starten, wie Sie es 1981 gemacht haben? Würden Sie zur Stiftung – oder damals – in die Anstalten gehen mit dem Wissen von heute?

Jürgensen: Gute Frage! Die habe ich mir noch nie gestellt, denn das Leben läuft manchmal so. Ich habe mich ja damals entschieden. Also mit dem Wissen von heute weiß ich das nicht, da müsste ich wirklich drüber nachdenken! Es war eine sehr interessante Zeit. Ich habe sehr viel gelernt, ich habe unheimlich viel gelernt, ich habe viel – wie sagt man so schön – Haare gelassen, obwohl das so, nicht wörtlich, aber …

Schulz: … bildlich gesprochen.

Jürgensen: … bildlich gesprochen. Also, ich bin so angefeindet worden auch, weil ich mit an vorderster Stelle für die Veränderung war. Das war schon nicht einfach.

Schmuhl: Was waren denn die Kräfte der Beharrung? Wo saßen die denn?

Jürgensen: Überall, überall, überall! Ich bin ja öffentlich angefeindet worden und ich weiß noch, als es mit der Budgetierung losging und wir also auch ein Cost-Center waren – wir mussten uns also verdienen, unser Geld verdienen –, wenn wir dann in einer großen Leitungsrunde saßen und einige Leute so ganz gehässig waren: Ach, im nächsten Jahr sind Sie sowieso nicht mehr da, weil Sie das Geld gar nicht reinkriegen! Also, solche Geschichten, und zwar öffentlich, und dann habe ich gesagt: Schauen wir mal.

Schmuhl: Wie ist es denn letztlich dazu gekommen, dass Sie die Stiftung verlassen haben und sich selbstständig gemacht haben?

Jürgensen: Es hat gereicht! Es hatte gereicht! 18 Jahre sind eine lange Zeit …

Schmuhl: Das ist wahr.

Jürgensen: … eine lange Zeit und ich fand das dann auch sehr anstrengend, so viel arbeiten zu müssen, damit wir die Kosten decken können. Da habe ich gedacht, ich kann mich auch selbstständig machen, ich habe so viele Kunden, davon kann ich gut leben.

Kutzner: Aber die Entwicklung haben Sie noch weiterverfolgt?

Jürgensen: Ich hatte noch ein bisschen Kontakt, aber wenig, ich hatte auch noch ein, zwei Kunden aus Alsterdorf, die zu mir dann in meine Privatpraxis kamen. Insofern bekam ich immer noch ein bisschen mit, was so lief, aber eher so am Rande. Es war irgendwie auch abgeschlossen. Ich fand, ich hatte zwei Pakete dort in Alsterdorf entwickelt und die Menschen mussten es dann weitertragen. Es war dann auch wirklich eine runde Sache.

Schulz: Wenn Sie heute schauen: Wie viel von den Ansätzen, die Sie damals entwickelt haben in den 1980er/1990er-Jahren, sehen Sie noch etwas in Alsterdorf oder hat das eine andere Entwicklung genommen?

Jürgensen: Also äußerlich würde ich sagen, ja, man sieht eine ganze Menge und innerlich kann ich das gar nicht beurteilen, weil ich nicht mehr drin bin im Gefüge. Also ich weiß nicht, wer da mit wem. Ich kenne die Leitungspersonen praktisch gar nicht mehr, wer da überall sitzt. Also insofern weiß ich nicht, wie das Klima ist. Ich weiß nur durch die wenigen Kontakte, die ich habe, dass es sicher insgesamt besser geworden ist. Aber wie in jeder großen Organisation gibt es immer wieder auch Probleme, Streitereien, Missgunst und alles dieses. Aber ich habe damit nichts zu schaffen und bin froh, dass ich das nicht mehr haben muss.

Schulz: Wenn Sie auf einer Skala von eins bis zehn jetzt bewerten müssen, wie Sie den heutigen Alsterdorfer Markt vorfinden im Sinne von Wie viel Inklusion ist da eigentlich jetzt sozusagen auch wahrnehmbar und wie viel Sozialraum ist da eigentlich auch gut entwickelt worden?, was für ein Wert käme da raus?

Jürgensen: Sie meinen jetzt den konkreten Markt?

Schulz: Den konkreten, ursprünglichen Anstaltsbereich, der jetzt ja nicht mehr Anstalt ist.

Jürgensen: Ach, da würde ich relativ hoch gehen.

Schulz: Okay. Wie viel wäre das? Welche Zahl wäre das?

Jürgensen: Zehn wäre mir ein bisschen viel, aber acht würde ich dem schon geben, ja.

Schulz: Okay.

Jürgensen: Als wir uns letztens getroffen haben, bin ich da erst mal herumgelaufen. Da war buntes Leben, das fand ich nett. Und ich war auch mal in dieser …, wo man Bücher und so was kaufen kann − gehört auch zur Werkstatt, oder?

Schulz: Zur alsterarbeit.

Jürgensen: Zur alsterarbeit, sorry.

Schulz: Das Buch-Antiquariat.

Jürgensen: Genau, das Buch-Antiquariat, da habe ich schon mal Bücher gekauft. Also, das fand ich doch sehr angenehm.

Schmuhl: Wenn Sie sagen, acht von zehn, das heißt, dass es noch nicht vollendet ist.

Jürgensen: Das kann ich nicht beurteilen. Ich trau mich nicht mit zehn.

Schmuhl: Ach, Sie sind nur vorsichtig. Es würde mich interessieren, wo Sie sehen, dass sich das noch weiterentwickeln könnte.

Jürgensen: Ich kann das nicht beurteilen, denn da liefen ja alle möglichen Menschen bei uns herum, das war um 11 Uhr – oder um 10.00 Uhr haben wir uns getroffen. Da waren Bürger, was weiß ich, vom Stadtteil, da liefen Menschen herum, die wahrscheinlich dort lebten und andere. Es war wie so ein normaler kleiner Marktplatz, aber das Innenleben, wie das läuft, das kann ich nicht beurteilen.

Schmuhl: Okay.

Jürgensen: Deswegen wäre zehn für mich perfekt. Es gibt nichts Perfektes. (lacht)

Schulz: Und wenn Sie auf sich zurückschauen mit der Frage, was davon Ihr Anteil war, haben Sie das Gefühl, da ist viel Frau Dr. Jürgensen drin?

Jürgensen: Weiß ich nicht.

Schulz: Im Nachhinein.

Jürgensen: (lange Pause) Ich sag mal so: Es muss immer Menschen geben, die die Anstöße geben und sinnvolle Anstöße geben. Und dann muss es viele Menschen geben, die das auch umsetzen. Ich war ja – im ersten Part – nicht der Umsetzer, sondern ich musste mit entwickeln, Kontakte knüpfen und die Leute motivieren, möglicherweise das zu tun. Deswegen bin ich vielleicht so etwas wie ein Pionier oder eine, die anstößt, aber ich bin ja nicht der Umsetzer. Das ist ja auch eine mühselige Arbeit. Wenn ich daran denke, als die Wohngruppen ausgezogen sind, was für Arbeit das auch für die Mitarbeiterinnen war, das zu tun. Das musste ich ja nicht. Also, insofern würde ich sagen, das ist immer ein Erfolg von vielen und es muss immer Vordenker geben. Wie überall.

Schulz: Ja.

Jürgensen: Ja. (mit Lachen) Sie gucken sich so an?

Schmuhl: Ich bin mit meinen Fragen durch.

Schulz: Ich auch.

Jürgensen: Ja, schön.

Jürgensen: Haben Sie noch Fragen? (zu Herrn Kutzner gewandt)

Kutzner: Ich auch.

Schulz: Herr Kutzner ist auch durch.

Jürgensen: Ja. Schön.

11Klaus D. Hildemann (* 1942 in Kappeln) ist ein deutscher evangelischer Theologe und Diakoniewissenschaftler. Hildemann studierte evangelische Theologie in Kiel und Basel, seine Ordination erfolgte im Jahr 1969 in Schleswig. Nach der Leitung der Fachschule für Heilerzieher an den Alsterdorfer Anstalten in Hamburg wurde Hildemann am 20. September 1981 als Leitender Direktor in die Theodor-Fliedner-Stiftung in Mülheim an der Ruhr berufen, wo er bis April 2011 tätig war. Seine akademische Laufbahn begann 1982 mit Lehraufträgen an der Ruhr-Universität Bochum und an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Im Wintersemester 1996 wurde er von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn zum Honorarprofessor für Praktische Theologie und Diakoniewissenschaft ernannt. Dort baute er das Institut für interdisziplinäre und angewandte Diakoniewissenschaft auf, das 2001 einen Masterstudiengang „Sozialmanagement“ ins Leben rief. Hildemann leitet als Direktor das Institut. [Onlinequelle] https://de.wikipedia.org/wiki/Klaus_D._Hildemann, Zugriff am 17.02.21.

2 B-Bereich, gemeint ist der Behindertenbereich.

33Adriano Milani-Comparetti (1919–1986) war ein italienischer Jugendpsychiater und Kinderneurologe, der sich dafür einsetzte, dass Kinder mit Behinderungen in normale Schulen integriert wurden. Er wirkte entscheidend mit bei der Durchsetzung der gesetzlichen Verankerung des schulischen Integrationsprinzips 1977 und der Abschaffung der Sonderschulen 1983 in Italien. Vgl. Lüpke, Hans von, o. J., Das Dialogkonzept von Milani-Comparetti in seiner Bedeutung für Theorie und Praxis der Integration.

4 Vgl. hierzu auch: Schönwiese, Volker 2003, Selbstbestimmt leben – eine Herausforderung für die Professionellen? – 8. Alsterdorfer Fachforum, [Onlinequelle] https://www.beratungszentrum-alsterdorf.de/
fileadmin/abz/data/Menu/Fachdiskussion/Alsterdorfer_Fachforum/Selbstbestimmtleben_2_.pdf, Zugriff 13.02.2021.

5 Sebastian Brant war ein mittelalterlicher Schriftsteller und lebte von 1457 bis 1521. Er gilt als einer der wirkmächtigsten Schriftsteller des Humanismus. Der Narr im Mittelalter meinte nicht nur den Hofnarren, sondern bezeichnete auch Krüppel und geistig behinderte Menschen, Menschen mit einem abnormen Aussehen oder Verhalten. In seinem Buch „Das Narrenschiff“ benutzt Brant diese Vorstellung, um anhand dieser Narren auf dem Schiff moralisch abweichendes Verhalten seiner Zeit zu geißeln. [Onlinequellen] https://www.mrfh.de/personen.php?person_id=11 und https://www.mittelalter-lexikon.de/wiki/Narr, Zugriff 13.02.21.

6 Ein Begriff, der ursprünglich von dem US-amerikanischen Soziologen Everett Hughes (1897–1983) stammt. Damit ist eine in sich geschlossene, von der Außenwelt abgeschottete Institution gemeint.

7 Erving Goffman (1922–1981) ist ein US-amerikanischer Soziologe mit kanadischen Wurzeln. Seine Arbeiten beschäftigten sich mit anthropologischen, sozialpsychologischen und psychiatrischen Problemen der Grundmechanismen sozialen, insbesondere sozial abweichenden Verhaltens. Eines seiner bekanntesten Werke, Asyle (Frankfurt am Main 1973), behandelt Totale Institutionen und löste damit die bis heute anhaltende Zielbestimmung der Entinstitutionalisierung von sozialen Einrichtungen wie Landeskrankenhäusern, Altenheimen, Gefängnissen und Kinderheimen aus. [Onlinequelle] https://de.wikipedia.org/wiki/Erving_Goffman, Zugriff am 17.02.2012.

8 Carl Koops war der erste Anstaltsbewohner der Alsterdorfer Anstalten.

9 Paul-Michel Foucault (1926–1984) war ein französischer Philosoph, Historiker, Soziologe und Psychologe. Er ist bekannt geworden unter anderem durch sein 1975 erschienenes kritisches Buch über die Entstehung der Gefängnisse mit dem Titel „Surveiller et punir“, in Deutschland 1976 erschienen unter dem Titel „Überwachen und Strafen“. Vgl. Piorkowski, Christoph David, 2016, Die Spur der Macht in uns allen. Eine lange Nacht über Michel Foucault. [Onlinequelle]

https://www.deutschlandfunk.de/eine-lange-nacht-ueber-michel-foucault-die-spur-der-macht.704.de.html?dram:article_id=365838, Zugriff 13.02.2021.

10 Trigon-Entwicklungsberatung, gegründet 1985 in Salzburg unter anderem durch Friedrich Glasl, renommierter noch lebender österreichischer Ökonom, Organisationsberater und Konfliktforscher.

11 Friedrich Glasl (1941*) ist ein österreichischer Ökonom und Konfliktforscher. Er habilitierte 1983 als Konfliktforscher im Bereich Wirtschaftswissenschaften. Seither gilt er als Koryphäe auf diesem Gebiet. Sein Buch „Konfliktmanagement“ gilt als sein Hauptwerk und als Grundlagenbuch. Vgl. managerSeminare 2017, Konfliktforscher wird für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Life Achievement Award für Friedrich Glasl, [Onlinequelle] https://www.managerseminare.de/managerSeminare_TV/Friedrich-Glasl-mit-Life-Achievement-Award-ausgezeichnet,254629

Zugriff 13.02.2021.