01 / 2009 РInterview mit Barbara Lambrecht, Heidrun Thiel und Rainer H̦lzke

Teilnehmende

Heidrun Thiel

Barbara Lambrecht

Rainer Hölzke

Nico Kutzner

Reinhard Schulz

Transkription

Kutzner: Ich bin Nico Kutzner von 17motion. Herzlich willkommen hier zum Interview!

Hölzke: Dankeschön.

Kutzner: Wenn ihr euch doch bitte vorstellen mögt.

Hölzke: Mein Name ist Rainer Hölzke. Ich bin von der Ausbildung her Psychologe und Psychotherapeut, habe seit Ende der 1970er-Jahre im Bereich der Psychiatrie in unterschiedlichen Funktionen und Bereichen gearbeitet. Für dieses Interview ist von Interesse, dass ich von 2005 bis 2014 Geschäftsführer der Gemeindepsychiatrische Dienste Nordost GmbH und Kooperationspartner von alsterarbeit war.

Thiel: Ich bin Heidrun Thiel und von Beruf Lehrerin, habe mich in meinem Arbeitsleben aber immer um Integration von unterschiedlichen Gruppen gekümmert. Auf diesem Wege bin ich als Assistentin der Geschäftsführung zu alsterarbeit gekommen. Heute bin ich Rentnerin.

Lambrecht: Ich bin Barbara Lambrecht und diejenige, die den Treffpunkt Job leitet so wie er sich heute darstellt. Ich bin ganz klassisch im Fachdienst als Sozialpädagogin bei alsterarbeit angefangen, habe dort Bereiche begleitet und hatte die Chance, in den Aufbau des Projektes Treffpunkt Job – den Namen hatte es nicht sofort – mit einzusteigen und auch die Kooperation mitzugestalten.

Schulz: Mein Name ist Reinhard Schulz. Ich war lange Jahre Geschäftsführer der alsterarbeit gGmbH und in dieser Funktion auch Kooperationspartner, wie Herr Hölzke schon berichtete. Jetzt bin ich damit betraut, ein Projekt mit dem Titel „Dokumentation der Eingliederungshilfe in den letzten 40 Jahren“ auf den Weg zu bringen und zu realisieren. Dazu führen wir heute das Interview. Schön, dass Sie alle da sind!

Kutzner: Wenn ihr etwas über die Kooperationen erzählen könntet.

Hölzke: Der Ursprung – und das ist mir ganz wichtig in diesem Zusammenhang zu betonen – war, dass Herr Schulz und ich uns als Mitglieder eines gemeindepsychiatrischen Verbundes kennenlernten. Das ist ganz wichtig, denn der Hintergrund von gemeindepsychiatrischen Verbünden ist, dass man sagt: Alle, die in einer Region zuständig sind und sich auf die Fahnen geschrieben haben, in irgendeiner Weise regionale Pflichtversorgung zu machen, tun sich organisatorisch zusammen und tauschen sich auch aus. Das heißt, es gibt in einem gewissen Sinne keine „harte Konkurrenz“ mehr. Man versucht vielmehr, den Hilfebedarf von Menschen mit Hilfenotwendigkeiten so ganzheitlich wie möglich abzubilden. Dahinter steckt die demütige Erkenntnis, dass man das nicht alleine kann und dass es deshalb sinnvoll ist, sich mit anderen zusammenzutun.

Darüber haben wir beide [gemeint R. Schulz] uns kennengelernt. Wir [gemeint B. Lamprecht] kannten uns schon aus anderen Zusammenhängen und darüber entstand dann so etwas wie Vertrauen, Sympathie und eine fachlich-ähnliche Wellenlänge. Das hat dazu geführt, dass wir [R. Schulz und R. Hölzke] uns irgendwann einmal zusammensetzten und sagten: Wir machen in Bezug auf Teilhabe im Arbeitsleben etwas gemeinsam.

Schulz: Das kann ich noch ergänzen. Mir ging es auch so. Wir haben uns in der Tat in diesen Verbunds- und Kooperationsstrukturen kennengelernt, also im Austausch über gemeindepsychiatrische Themen, die für die Stiftung Alsterdorf nicht das Kerngeschäft in der Eingliederungshilfe darstellten, die allerdings für Fragen in Bezug auf Arbeit und Teilhabe am Arbeitsleben aus meiner Perspektive sehr wichtig sind und waren.

Es gab damals ursprünglich vom Hübbesweg die Verlängerung und räumliche Veränderung des Angebotes Werkstattbereich für Menschen mit psychischen Erkrankungen nach Langenhorn. Daraus wurde dann eine integrierte Betriebsstätte in einer Struktur von alsterarbeit, in der Menschen mit unterschiedlichen Handicaps zusammenarbeiten. Mir war es ein Bedürfnis, die Fühler in die sozialpsychiatrischen Leistungsbereiche und Anbieterstrukturen auszustrecken. Das konnte dadurch passieren, dass wir uns in dieser Verbundsituation getroffen haben.

Die Bezeichnung war glaube ich Nord…

Hölzke: Qualitätsverbund Nord.

Schulz: Qualitätsverbund Nord, richtig. Da haben wir begonnen, uns kennenzulernen und die Fühler in Richtung einer Zusammenarbeit auszustrecken.

Kutzner: Wie sah diese Kooperation genau aus?

Hölzke: Zwischen uns beiden [ihm und R. Schulz] oder im Verbund?

Kutzner: Im Verbund.

Hölzke: In diesem Verbund war es so, dass ein wesentlicher Kern, der später leider zerschlagen wurde, die regionale Hilfeplankonferenz war, auf der sämtliche antragstellenden bzw. hilfesuchenden Personen, die Eingliederungshilfeleistungen haben wollten, kooperativ zusammen mit dem Sozialhilfeträger als zuständigem Leistungsträger besprochen wurden. Es war unser Bestreben, dass wir immer sämtliche Aspekte der Teilhabe abbilden wollten. Eine Zeitlang ist das ganz gut gelungen. Das war ein wesentlicher Kern der Kooperation.

Ein anderer Kern war, dass wir regelmäßige Treffen hatten, auf denen wir uns austauschten, um uns gegenseitig in Bezug auf Überlegungen der einzelnen Anbieter zu informieren. Wir versuchten außerdem, aus diesen regionalen Hilfeplankonferenzen herauszukristallisieren, wo es noch Hilfebedarfe von Menschen gab, die nicht abgedeckt wurden, um daraus Angebote zu entwickeln. Das war der Rahmen, in dem wir uns getroffen haben. Wir sagten uns: Wir brauchen etwas extrem Niedrigschwelliges in der Region, was es bis jetzt noch nicht gibt! Wir merkten, dass da etwas fehlte.

Lambrecht: Darf ich eine kurze Frage stellen? Rainer, war es nicht so, dass im Qualitätsverbund Nord die ganzen Beratungsangebote in den Regionen entstanden sind [gemeint sind trägerübergreifende Angebote für „Wege in die Arbeit“ und andere Assistenzangebote z. B. Kooperation am Hasenberge] unter anderem auch Bergedorf, wo du und Frau Nibisch gearbeitet haben?

Schulz: Nein. Das Bergedorfer Angebot ist noch mal ein anderes, eine ähnliche Form von Fühler-Ausstrecken und Kooperation anstreben. Das erzähle ich ganz kurz. In dem Fall war es die Kooperation mit dem Bergedorfer Impuls, einem Sozialpsychiatrieträger in Bergedorf, zu dem ich ähnlich wie bei Rainer Hölzke über einzelne Personen Kontakte aufgebaut hatte. Und dort haben wir das Thema Arbeit in Bergedorf entwickelt, allerdings auch in einer ambulant gedachten, niedrig- und nicht hochschwelligen Form, d. h. nicht mit dem Ziel, das Werkstättenrecht umzusetzen. Das ist, glaube ich, noch einmal ganz wichtig. Ich kann für alsterarbeit als einem Teil der Stiftung, der erst 2000 im Zuge dieses Veränderungsprozesses der Eingliederungshilfe in der Stiftung gegründet wurde, sagen, dass es uns wichtig war, ergänzend zu den klassischen Werktstattangeboten, die schon in den Alsterdorfer Werkstätten bestanden, Angebotsformen zu entwickeln, die erstens niedrigschwellig waren und die zweitens gemeindepsychiatrisch besser in die Landschaft der Versorgungstrukturen passten.

Mein Eindruck war, dass gerade das Thema Arbeit und Beschäftigung dort auch nicht so im Mittelpunkt stand, sondern eher das Thema Gute Wohnversorgung, also gute Angebote für Wohnraum mit guten Assistenzbedingungen im Umfeld. Das Thema Arbeit war etabliert über das Thema Werkstatt, aber gerade das Thema niedrigschwellige Arbeitsplätze und das Thema Einzelarbeitsplätze möglichst nah am normalen Arbeitsplatzgeschehen haben sich erst entwickelt.

Kutzner: Wie ist das mit den Kooperationen genau angefangen?

Hölzke: Wir sagten uns: Wir müssen uns zusammensetzen! Es wurde deutlich, dass es Bedarf gab. Von meiner Seite aus als Anbieter ambulanter psychiatrischer Leistungen speiste sich das aus der Einsicht, dass die Menschen einen Hilfebedarf im Bereich Teilhabe am Arbeitsleben hatten, der sehr niedrigschwellig sein sollte. Der Aspekt war, dass wir uns als GPD Nordost überlegten, ob wir das selber aufbauen oder möglicherweise mit anderen machen sollten, die schon die Erfahrung hatten. Unsere Philosophie war die, dass wir sagten, wenn wir Kooperationspartner finden würden, wäre das viel besser als das Rad noch einmal neu zu erfinden. Das war das Interesse von unserer Seite aus und die Offenheit dafür, etwas in die Richtung zu machen und zu gucken, mit wem wir das am besten machen konnten. Die Qualitätsgrundlage war der gemeindepsychiatrische Verbund und deswegen sagten wir: Wir setzen uns zusammen. Uns wurde ziemlich schnell klar, dass wir eine ähnliche Philosophie hatten, was das Angebot anging, und überlegten dann, wie wir das machten wollten.

Es gab dann auch eine schriftliche Kooperationsvereinbarung. Wir mussten über Personal und über Finanzen reden. Wir haben uns getroffen, sind zusammen mit dem Auto durch die Gegend gefahren und haben geguckt, wo passende Orte sein könnten. Da hatte sich zunächst in der Gustav-Adolph-Straße in einem ehemaligen Croques-Laden etwas ergeben. So ist das Schritt für Schritt entstanden. Wir hatten auch eine kleine Arbeitsgruppe. Das heißt, Reinhard Schulz und ich haben das nicht alleine gemacht, sondern wir hatten eine Arbeitsgruppe, die einerseits von alsterarbeit besetzt war und andererseits von der GPD Nordost, wo du [gemeint ist B. Lambrecht] dann in ’s Spiel gekommen bist – also auch von unserer Seite gab es Personen. Darüber konnten wir dann irgendwann das Angebot aufmachen.

Schulz: Genau.

Kutzner: Wie sah das aus, als Sie [gemeint ist B. Lambrecht] dann in ’s Spiel kamen?

Schulz: Ich glaube von der Reihenfolge her kam erst Frau Thiel in ’s Spiel? Mögen Sie anfangen?

Thiel: Ich war, als ich als Assistentin der Geschäftsführung zu alsterarbeit kam, vorher beim Bergedorfer Impuls in Bergedorf angestellt und hatte dort ein Netzwerk, das Netzwerk Bergedorf aufgebaut. Das beinhaltete, dass wir sowohl mit einem Träger, der die Menschen im eigenen Wohnort betreut, als auch mit den vor Ort ansässigen Einrichtungen, mit dem Krankenhaus, mit dem sozialpsychiatrischen Dienst, mit Arbeitgebern, mit alsterarbeit und einem anderen Werkstattanbieter, den Elbewerkstätten, mit diesen allen ein Netzwerk gegründet und dann über Aktion Mensch ein Beratungsbüro errichtet haben. Dort haben wir eruiert, wie groß der Bedarf war, wie viele zu uns kamen, wie sollten die beraten werden und wie schafften wir es, diese Menschen in den Ersten Arbeitsmarkt zu bringen.

Das ist sehr gut gelungen mit einer hohen Erfolgsquote und ich hatte Lust, das mit alsterarbeit ein Stück in anderen Stadtteilen weiter zu betreiben. Aus diesem Grund hat mich das sehr angesprochen, dass in Wandsbek so etwas starten sollte. Ich weiß, dass ich dann in der Tratziger Straße – das ist wahrscheinlich Ecke Gustav-Adolph-Straße – mit dem Jens Gottschalk eine ziemliche Bruchbude angeschaut habe und gefragt wurde, ob sich das wohl eigenen würde. Ich sagte, dass es für den Anfang klappen könnte. Es wurde dann sehr schön renoviert – ich habe noch mal Bilder in einem alten alsterInfo angeschaut – und schon wenig später stand die Arbeitsgruppe. Ich glaube 2008 haben wir dort schon zu viert zusammengesessen und Fantasien entwickelt, wie man das Angebot umsetzen könnte, welche Maßnahme es geben könnte, die niedrigschwellige Beschäftigung im Arbeitsmarkt ermöglichte. In Bergedorf hatten wir den Berufsbildungsbereich als Maßnahme- und Finanzierungsform nutzen können und Berufsbildungsbereich heißt immer, dass man Vollzeit arbeiten können musste und muss, d. h. man musste und muss Vollzeit anwesend sein. Das geht für viele Menschen mit Behinderung gut, aber gerade für psychisch Erkrankte geht es eben nicht gut. Das genau war das Neue: niedrigschwellig und mit der Idee, in den Ersten Arbeitsmarkt hineinzukommen.

Schulz: Wie haben Sie als jemand, die das praktisch mit umgesetzt hat, die Kooperationsthemen erlebt?

Thiel: Ich fand das ganz inspirierend. Den ganzheitlichen Ansatz habe ich mitgebracht, den habe ich in der täglichen Arbeit gespürt. Es geht immer auch darum, das Individuum, den Einzelnen anzuhören und nach vorne zu bringen. Schon an dem Punkt merkt man, dass man mit vielen zusammenarbeiten, dass man ganzheitlich mit dem Einzelnen umgehen und Ziele setzen muss.

Kutzner: Wie war das bei Ihnen [B. Lambrecht] damals?

Lambrecht: Es gibt eine kleine Vorgeschichte auch bei mir aus der Erfahrung, die Herr Schulz schon formuliert hat. In der Arbeit einer Werkstatt, die auch eine Institution ist, die Grenzen aufweist, habe ich natürlich immer wieder erlebt, dass wir Menschen ein Angebot, das sie gebraucht hätten, nicht geben konnten. Denn der Stundenumfang der Werkstätten war viel zu hoch. Von daher hatten wir in alsterarbeit schon lange überlegt, wie waren Zuwege zu bekommen. Es hat dann andere Institutionen gegeben, die starten konnten. In meiner Arbeit als Fachdienstmitarbeiterin habe ich immer auch Kontakte zu Bergedorf gehabt, weil die alstergärtner dort einen Standort hatten. Heidi Thiel war mir also nicht unbekannt und ich war auch mal in diesem Laden. Dieses Netzwerk war mir vertraut, weil es auf der Ebene der Sozialpsychiatrie in Hamburg immer schon Netzwerke gab. Das ist, glaube ich, etwas Besonderes, aber wir kennen uns alle recht gut. Als alsterarbeit sagte, dass man versuchen wollte, dort etwas zu starten, hatte ich sehr große Lust, mitzumachen. Ich dachte, dass das genau das ist, was wir bräuchten und was eine tolle Ergänzung für alsterarbeit wäre.

Als ich mich dann beworben hatte und ich genommen geworden war, war ich erst mal sehr erstaunt, dass das geklappt hatte und hatte ganz viel Lust auf die Arbeit. Ich habe aber zunächst mit ganz wenig Stunden in dieser Arbeitsgruppe angefangen, um mit Kollegen der GPD, Ergotherapeuten, Sozialarbeitern, Geschäftsführern gemeinsam Überlegungen anzustellen und mit Heidi in Beratungsfunktion für uns, die ich auch mal fragen konnte: Wie habt ihr das denn gemacht, reichen die Quadratmeter, brauchen wir das oder nicht? Da hätte ich gar keine Ahnung gehabt. Wir sind dann tatsächlich in das schöne Haus – es sah von außen wunderschön aus – am 1.April 2009 eingezogen. Das weiß ich noch. Wir hatten die Küche noch nicht, wir hatten aber Tische und Stühle. Jens Gottschalk hat irgendwie Internet ermöglicht, so dass ich schon mal arbeiten konnte. Es fing improvisiert an, hat sich dann aber zunehmend verfestigt.

Kutzner: Wie haben sich die Kooperationen im Laufe der Zeit weiter ausgeweitet?

Lambrecht: Wir haben eine ganze Zeit tatsächlich gemeinsam mit den gemeindepsychiatrischen Diensten gearbeitet. Das war unser Kooperationspartner, aber das Ganze hing noch in einem größeren Netzwerk, kann man sagen.

Der Hintergrund war unter anderem, dass damals der letzte Abschnitt der Sektorierung der gesamten Psychiatrie stattfand und es war klar, dass das Krankenhaus Wandsbek eine psychiatrische Abteilung bekommen sollte. Zusätzlich sagte alsterarbeit: Wir wollen dort auch Arbeitsplätze schaffen. Das heißt, dass alsterarbeit dort auch einen Betrieb aufbaute, nämlich alsternetwork. Also auch das war eine Parallele, auch das war unser Verbündeter dort im Stadtteil. Es gab immer das Bewusstsein, etwas schaffen zu wollen, wo auch kliniknah Angebote genutzt werden konnten, um Menschen die Rückkehr in die Arbeit zu ermöglichen.

Es hat eine ganze Weile gebraucht. Das Ganze musste konzipiert werden und man brauchte einen Kostenträger, der sagte okay, ihr dürft das auch umsetzen! – es hat glaube ich, fast ein Jahr gedauert, bis wir im Oktober 2010 rückwirkend die Unterschrift hatten. Richtig angefangen haben wir mit der Arbeit – mit „richtig anfangen“ meine ich, dass die erste Teilnehmerin tatsächlich in der Maßnahme, die wir dann bekamen und die den Namen Sonstige Beschäftigungsstätte trug, anfangen konnte. Wir sind mit einer Teilnehmerin gestartet und, wenn man jetzt sieht, dass wir inzwischen 45 Plätze haben, die wir belegen oder nutzen dürfen, ist das Ganze gut gewachsen.

Schulz: Es gab noch mal eine Erweiterung, Stichwort Wie hat sich die Kooperation weiterentwickelt? Das Stichwort bedeutet, dass bei uns auch die Haus 5 Service gGmbH eine Rolle spielte, weil bei der Frage der Genehmigung dieser Maßnahme die Behörde das Problem hatte, dies direkt mit alsterarbeit zu machen. Wir haben daraufhin einen Kunstgriff angewandt und gesagt: Gut, dann wird eine Tochtergesellschaft Träger gemeinsam mit der GPD Nordost zusammen. Das war dann erfolgreich. Das Zusammenspiel mussten wir üben, weil das für Haus 5 nicht das Gebiet war, auf dem sie schon unterwegs waren und Erfahrung hatten. Ihr Gebiet waren Gastronomie und Dienstleistung, jetzt noch auf den Grünbereich erweitert, glaube ich. Aber die Kooperation hat sich meiner Ansicht nach gut eingespielt.

Es gibt einen weiteren Kooperationspartner. Mögen Sie [B. Lambrecht] darüber noch sprechen?

Lambrecht: Es ist dann die Alphina hinzugekommen, auch ein Anbieter der Sozialpsychiatrie mit einem großen internen Netzwerk, der schwerpunktmäßig im Hamburger Westen tätig ist. Die fragten an, ob sie in dieser Kooperation mitmachen könnten. Das habe ich jedenfalls so verstanden. Ich hoffe, dass das richtig ist.

Schulz: Ja, so war es.

Lambrecht: Da haben wir gesagt: Ja, gerne! Je mehr Kooperationspartner da sind und je mehr wir das Angebot auch miteinander entwickeln können, können wir das Projekt umsetzen. Das Besondere der Kooperation ist nicht nur die Tatsache, dass wir zusammenarbeiten wollen, sondern, dass wir gleichwertig miteinander arbeiten, also mit gleichen Rechten, gleichen Pflichten, auch budgetmäßig kann man sagen. Wir tragen Risiko und Gewinn gemeinsam, so es den gäbe. Von daher ist es etwas Besonderes, dass das funktioniert.

Kutzner: Worin liegt der Vorteil der Kooperation für die Klienten?

Lambrecht: Wenn man mal schaut, was jeder Träger mitbringt, dann ist das eine ganze Menge. Ich von alsterarbeit habe z. B. den Hintergrund, dass ich weiß, was alles in alsterarbeit passiertund welche Arbeitsgruppen es bei uns gibt. Wenn wir also erst mal Übergänge brauchen für die Teilnehmer, dann können wir fragen, ob es für den Teilnehmer XY vielleicht die Möglichkeit gibt, erst einmal 10 anstatt 20 oder 35 Stunden in der Woche mitzuarbeiten. Es gibt das Wissen darum, wie Arbeitsplätze zu finden sind. Die alsterarbeit gGmH hat parallel zur Kooperation einen Bereich für ausgelagerte Arbeitsplätze aufgebaut. Mit diesen Kollegen arbeiten wir sehr eng zusammen. Die GPD hat das Wissen aus dem ganzen sozialen Teilhabebereich, das Wissen, gemeindenah zu agieren, und hat diesbezüglich Konzepte und Ideen mitgebracht. Wir haben dort auch eine enge Verknüpfung mit bestimmten Gruppenangeboten, die aufbauen und an die Übernahme von Verantwortung und an kleinere Tätigkeiten heranführen sollen. In diesem Punkt haben wir sehr eng zusammengearbeitet, haben zusammen eine Holzwerkstatt betrieben, in der man arbeiten konnte.

Im Moment gibt es die Möglichkeit im Kunstbereich mitzumachen. Gerade bauen wir ein Photoprojekt auf, wo es für uns vielleicht auch eine Möglichkeit gibt. Die Alphina gGmbH hat auch so ein Netzwerk, hat einen Restaurantbetrieb, in dem wir mitarbeiten können. Ganz aktuell hatten wir eine medizinische Frage und da bin ich auch schon mal hingegangen und habe gesagt: Ihr habt doch einen Arzt, können wir zu dem nicht mal Kontakt aufnehmen und Fragen stellen? Das sind einfach Möglichkeiten, die durch verschiedene Träger zusammengebracht werden. Wir haben unterschiedliches Wissen und können für unsere Teilnehmer*innen sehr gut gucken, was sie brauchen und wie wir Schritte zur Arbeit hin gestalten können mit den Mitteln, die wir haben, aber auch, um in ’s Außen zu gehen. Das ist unser Ziel.

Hölzke: Einen Aspekt könnte man noch nennen, der das unterstreicht, was du, Barbara, gesagt hast. Eine Form von Niedrigschwelligkeit ist auch, dass es kurze Wege gibt. Das heißt, wenn bei euch ein Teilnehmer oder eine Teilnehmerin eine Fragestellung hat, muss man nicht überlegen, wen es in Hamburg gibt, weil wir das selber nicht abdecken können. Aber dadurch, dass in der Kooperation viel gemeinsam abgedeckt wird, weiß man, welchen Kollegen oder welche Kollegin man fragen kann. Das macht vieles schneller und besser.

Thiel: Ich möchte noch mal einen Punkt unterstreichen, den Barbara gerade benannte, nämlich dass sie den Hintergrund alsterarbeit kennt oder die Alphina mit dem Restaurantbetrieb. Immer dann, wenn man Klient*innen vor sich hat, die in Arbeit kommen wollen, braucht man Probe- bzw. Praktikumsmöglichkeiten, zeitliche Einschränkungen wie z. B. zwei Tage in der Woche oder nur mal drei Tage überhaupt reinschnuppern. Man braucht auch ganz dringend die Möglichkeit, die Arbeitsstelle überhaupt zu zeigen. Viele Klient*innen sagen, dass sie schon gerne arbeiten würden, aber sie möchten erst mal sehen, was das ist, wenn sie dann einen Vorschlag bekommen. Eine rein theoretische Beschreibung nützt gar nichts. Es ist wichtig, diese vielen Möglichkeiten des Fühlens zu haben, wo könnte es gehen, wo kann die Person sich überhaupt erst mal ausprobieren, bevor sie reif für eine Maßnahme ist und Geld fließt.

Kutzner: Inwieweit spielt Kooperation dort eine Rolle?

Es ist einfach leichter, Jemanden da zu platzieren, wo man Kooperationspartner hat. Wenn ich erst einen Arbeitgeber suchen und sagen muss: Ich habe da jemanden mit Behinderung, könnte der mal bei Ihnen einen Tag verbringen, dann würden unbekannte Arbeitgeber sagen: Na ja, lieber nicht! Das ist mir zu unsicher! Wenn ich aber weiß, dass es z. B. bei alsterarbeit eine Abteilung gibt, die Kunst macht, die Musik macht oder die Schlosserarbeiten oder Einzelhandel macht, dann kann der Klient bzw. die Klientin einfach mal testen, wie das ist, z. B. im Einzelhandel hinter dem Tresen zu stehen, oder wie das ist, mit einer Musikgruppe morgens Übungen zu machen.

Schulz: Diese Entwicklung, die wir hier gerade gemeinsam beschreiben, hat eine stiftungsbezogenen Vorgeschichte. Wir sitzen hier als Mitarbeiter*innen einer Stiftung mit der Vorgeschichte einer Anstalt, in der Eingliederungshilfe, Selbstbestimmung und Teilhabe nur in ganz geringer Weise eine Entwicklungschance hatte.

Wenn Sie gemeinsam zurückblicken, wie haben Sie den Entwicklungsprozess in der Stiftung miterlebt jeweils aus der Blickrichtung, mit der Sie selber unterwegs waren? Der Prozess hatte auch eine Bedeutung für die Frage: Wie stellt sich die Stiftung mit ihren Gesellschaften unter anderem auch zum Thema Kooperationen auf? Gibt es aus der damaligen Zeit Bilder und Eindrücke oder Wissen?

Lambrecht: Ich muss kurz zurückfragen. Meinen Sie ab 2000 oder davor?

Schulz: Davor. Mich interessiert auch gerade die Phase zwischen1980 und 2000.

Thiel: ich war ganz außenstehend. Ich kannte Alsterdorf als die Anstalt mit dem Zaun drumherum. Wenn ich mal dort war, hatte das eher etwas Ungemütliches und etwas Fremdartiges – ich glaube, ich war vorher höchstens einmal dort vielleicht im Rahmen einer Besichtigung. Als ich dann für den Bergedorfer Impuls gearbeitet habe und hörte, dass sie die Zäune alle eingerissen hatten und dass sie den Platz, der mitten in der Anstalt war, zu einem Marktplatz mit Geschäften machten, habe ich gedacht: Das kann nicht sein, das ist einfach irre! Als es dann soweit war, dass dort Geburtstag gefeiert wurde, und man das alles sah, fand ich das wirklich bewundernswert und ein Superbeispiel für Weg-von-der-Anstalt, Öffnung und Rein-in-die-Stadt bzw. Die-Stadt-Reinholen. Das fand ich so genial, ein Zentrum für den Stadtteil Alsterdorf zu entwickeln!

Kutzner (zu B. Lambrecht): Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Lambrecht: Ich bin keine Hamburgerin, wenngleich es für mich schon so etwas wie eine Evangelische Stiftung gab. Die Bielefelder Werkstätten in der Heimatgegend waren mir da näher. Von dort bin ich Mitte der 1980er-Jahre nach Hamburg gekommen.

An die Stiftung bin ich geraten, weil ich mich erinnerte, dass ich schon einmal in einer Werkstatt gearbeitet hatte und dass es mir viel Spaß gemacht hatte, nicht nur mit Pädagogen, sondern mit verschiedenen Berufsgruppen zusammenzuarbeiten. Und da ich habe mich beworben. Die Wandlung [der Stiftung] war aber sehr eindrücklich. Damals musste ich aus irgendeinem Grund – ich glaube, dass das die betriebsärztliche Untersuchung war – auf dieses Stiftungsgelände und habe einen Sohn dabeigehabt, der durchaus ein lebendiger Sohn war, aber mit Betreten dieses Geländes wurde der ganz ruhig. Es gab keinen Pförtner mehr, aber es gab die Schranke noch und es hatte alles eine eigene Atmosphäre. Das hat mich selber damals sehr beeindruckt. Von daher, dieser Eindruck, dass da Öffnung passierte. Das war so, dass ich dachte: Ja! Jetzt kommt Leben rein! Ich kriege das bildlich nicht mehr so zusammen, aber irgendwann war das David Café da und man konnte dort Kaffee trinken. Der Marktplatz war später ein Zeichen dafür, dass wir jetzt in der Zeit auch wirklich angekommen sind!

Und noch mal zu meinem Eindruck zur Stiftung: Ich kam aus einer Lebenshilfearbeit, die in den 1980er-Jahren aufgebaut wurde und habe dort auch mit Aufbauarbeit gemacht. Das ist vielleicht immer mein Thema gewesen und ich habe einen engagierten Vater, der aufgrund eigener Betroffenheit die Arbeit aufgebaut hatte, als Geschäftsführer erlebt und war dann immer wieder erstaunt: Was haben wir [in der Lebenshilfearbeit] da schon gemacht im Vergleich zur Stiftung. Ich hatte immer Vergleiche zwischen dem, was es schon an Fortschritten gab und dem, wo die Stiftung stand. Erst durch den neuen Film, der jetzt entwickelt wurde, habe ich begriffen, welche Geschichte dahinterstand und dass ich zu einer Zeit gelebt habe, wo Menschen wirklich noch sehr verschlossen lebten, ich als Jugendliche aber eine Freiheit und eine Entwicklung hatte, die ganz gegensätzlich war. Ich glaube, dieses zu wissen, zu merken, zu spüren, dass da etwas passierte, war einfach toll! Und wir haben es auch in alsterarbeit umgesetzt. Ich habe immer in einer Außenstelle gearbeitet und von daher war mir diese „Werkstatt“ schon nicht mehr „Werkstatt“. Das war immer schon mehr.

Hölzke: Ich habe zwangsläufig aufgrund meiner Geschichte nicht so eine Innensicht, habe aber etwas Vergleichbares erlebt. Von 1979 bis 1982 habe ich auf einer geschlossenen Männerstation in Rickling gearbeitet, damals waren das noch die Ricklinger Anstalten in der Nähe von Bad Segeberg. Die hatten einen Vertrag, dass immer bis zu 1100 Hamburger Bürger und Bürgerinnen dorthin abgeschoben werden konnten. Also ich habe „Großkrankenhaus“ gelernt. Das ist vielleicht etwas Vergleichbares.

Als ich dann nach Hamburg ging, um dort in der Gemeindepsychiatrie zu arbeiten, waren die Alsterdorfer Anstalten erst mal außen vor. Da wir uns mit Geschichte beschäftigen, gibt es einen wichtigen Punkt was die Versorgungsstrukturen in Hamburg anging. Es gab sehr lange den sogenannten „klassischen Behindertenbereich“, für den es Träger und Anbieter gab. Und dann gab es die Anbieter für den „außerklinischen“ oder „gemeindepsychiatrischen“ Bereich und jeder kümmerte sich um seine „Behindertengruppe“. Das hat sich sehr verändert und das ist in unserem Bereich, gerade weil Alsterdorf nicht ganz klein ist, durchaus als eine Bedrohung empfunden worden, dass jetzt sehr viel größere und potentere Anbieter auf den Bereich der Versorgung von psychisch kranken Menschen zugehen. Das haben wir in unserm Bereich erst einmal nicht mit Freude entgegengenommen. Das hatte einen Hintergrund, der hatte mit kostentechnischen Sachen zu tun, weil es Menschen gab, die unterschiedliche Problembereiche hatten und das konnte mit den Wohnhilfen nicht abgedeckt werden.

Da stellte sich immer die Frage: Sind das nun klassisch behinderte Menschen oder sind das eher seelisch behinderte Menschen? Daraus ist dann eine Öffnung entstanden. Die Anbieter, also auch Alsterdorf, interessierten sich dafür, auch in den Bereich von seelisch Behinderten zu kommen, um überhaupt für ihre Klient*innen eine Finanzierung zu kriegen. Das war ein durchaus ehrenwertes Motiv, aber daraus ist natürlich auch etwas anderes geworden.

Das ist ein Aspekt, wenn wir uns mit Geschichte beschäftigen. Ein anderer Aspekt ist, dass das, was ihr beide gerade beschrieben habt, von außen besehen schon außerordentlich bemerkenswert ist, nämlich was ich mir unter einer großen Anstalt und unter dem, was dann daraus geworden ist, vorstellen muss. Das kann man nur respektabel finden.

Schulz: Wenn man sich jetzt anschaut, wo das ganze Unternehmen oder die Kooperation heute steht, wie inklusiv ausgerichtet und wie sozialraumorientiert sind Sie unterwegs? Wo sind Sie auf einer Skala von 1 bis 10.

Lambrecht: Ich würde sagen, dass wir noch nicht an der 10 sind, auch wenn wir dabei sind, Teilnehmer – wir sagen immer Teilnehmer – in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Aber es wird schon deutlich, dass das nicht einfach ist und immer wieder Schritte braucht. Von daher würde ich sagen, dass wir bei 6 oder 7 stehen. Ich glaube, dass wirklich noch etwas passieren kann, weil – so sehe ich uns ganz oft in der Arbeit – wir Türöffner in die Arbeitswelt sind. Aber die warten dort ganz eindeutig nicht auf uns. Und wenn man sagt: Da möchte Jemand 6 Stunden in der Woche arbeiten oder bei Ihnen etwas tun, dann gucken mich manchmal die Arbeitgeber an nach dem Motto Was ist das denn? Das ist doch keine Arbeit mehr! Ich glaube, da haben wir noch einen großen Bereich, den wir beackern müssen. Das ist noch nicht selbstverständlich, dass Menschen, die keine Handicaps haben mit Menschen, die Handicaps haben, in der Arbeitswelt zusammenarbeiten. Wir versuchen, das in unseren Betrieben umzusetzen, aber darüber hinaus erlebe ich doch noch Barrieren.

Kutzner [zu H. Thiel]: Wie sehen Sie das?

Thiel: Ich schwöre immer auf Beispiele. Es gibt immer wieder mal Arbeitgeber, die manchmal aus eigener Betroffenheit oder weil sie eine soziale Ader haben, sagen: Wir machen das! Wir stellen Jemanden ein! Ich habe eine ganze Reihe von Beispielen vor Augen, z. B. in Hotels, in Restaurants, in Seniorenwohnheimen, in Kitas. Viele Beispiele, an denen man sehen kann, dass es gut läuft, und hinterher zeigt sich, dass unser Klient bzw. unsere Klientin Mitglied des Teams ist und dass man die gar nicht mehr missen möchte. So etwas spricht sich herum, jedenfalls erhoffe ich mir das immer. Es geht darum, Beispiele, die gut laufen, bekannt zu machen, so dass es normaler wird, dass man darüber weiß, dass Arbeitgeber sich trauen, weil sie wissen, das kann für unsere Belegschaft durchaus befruchtend sein, wenn da auch Menschen mit Behinderung mitarbeiten. Wenn das Schule macht und bekannter wird, ist das ein Weg.

Der zweite Weg ist natürlich immer, so etwas wie Zuschüsse zu bekommen oder auch unkomplizierte Bearbeitung, Stichwort Budget für Arbeit. Ich weiß nicht, wie kompliziert es inzwischen ist, aber es muss sich für die Arbeitgeber finanziell auch lohnen, zumindest darf das keine Hürde sein. Diese beiden Aspekte finde ich sehr wichtig, damit wir in der Arbeitswelt da landen, wo andere auch arbeiten.

Lambrecht: Ich würde gerne das ergänzen , was du [H. Thiel] ansprichst. Ihre [ gemeint R. Schulz] Frage habe ich jetzt sehr auf unsere Maßnahme bezogen. Ich glaube aber, dass es insgesamt schon weiter ist, weil durch die ausgelagerten Arbeitsplätze, die ausgelagerten Arbeitsgruppen, durch das Budget für Arbeit – jetzt ist das Budget für Ausbildung dazu gekommen –, ist da insgesamt schon viel mehr Bewegung drin. Von daher ist der Skalenwert schon weiter oben. Ich glaube, dass die Menschen, um die wir uns kümmern, noch bestimmte Strukturen und Rahmenbedingungen brauchen. Und ich würde sagen, dass wir an dem Punkt noch am Arbeiten sind bis dahin, dass wir überlegen, ob wir die Tagesförderung noch viel mehr in den Arbeitsmarkt öffnen können. Da laufen auch schon tolle Projekte. Von daher finde ich es schön, dass du [gemeint H. Thiel] sagst, dass es die Beispiele sind, die im Prinzip Mut machen, weiter zu gehen und auch die Arbeitgeber manchmal ermutigen, es zu tun.

Kutzner [zu R. Hölzke]: Wie ist Ihre Sicht dazu?

Hölzke: Ich kann gar nicht viel dazu sagen, weil ich zu lange schon aus dem Bereich raus bin. Ich würde gerne noch einen Aspekt erwähnen, der das noch ergänzt. Was uns, glaube ich, eint – und das finde ich auf einer Skala der Inklusion relativ hoch angesiedelt – ist, dass es zunächst darum geht, einen Platz für Jemanden zu finden in Bezug auf die Ziele und Fähigkeiten, um die es bei dieser Person geht, und dann erst ein Netzwerk drumherum zu stricken, so dass der Platz auch beibehalten werden kann. Wir haben, wie ich finde, ein hochinklusives Vorgehen entwickelt. Es gibt auch das Gegenteil, dass man Menschen durch verschiedene Maßnahmen jagt und hinterher entsteht dann doch wieder eine große Arbeitslosigkeit. Das genau haben wir umgedreht, in dem wir sagen: Erst mal platzieren und dann ein Netz bzw. einen Rettungsgürtel drumherum anlegen.

Schulz: Ja, ich muss auf die Zeit schauen. Die Zeit ist vorbei.

Kutzner: Eine Abschlussfrage hätte ich noch. Wie steht ihr mittlerweile zur Evangelischen Stiftung Alsterdorf?

Hölzke: Ich habe ein völlig entspanntes Verhältnis. Mittlerweile bin ich Rentner, habe mehrfach in den gastronomischen Betrieben Geburtstag oder ein Betriebsjubiläum gefeiert. Von daher gehört die Stiftung für mich in Hamburg einfach dazu. Ich verfolge die Entwicklung mit großem Interesse weiter und habe mich auch gefreut, heute in dieser Runde dabei sein zu können.

Thiel: Ich bin Rentnerin. Ich interessiere mich, sagen wir mal, mit etwas mehr Entfernung als früher dafür, wie es weitergeht. Ich würde sehr gerne mal wieder Jemanden treffen, der mir erzählt, wie es ISA, also Integrationsservice Arbeit, ergangen ist. Haben die es geschafft, ihre Menschen in der Zeit von Corona in den Betrieben zu halten? Und Campus Uhlenhorst, auch so ein Kind von alsterarbeit! Wie ist es da? – Da habe ich noch ein bisschen mehr Kontakt. Aber trotzdem auch da ist es schwierig gewesen, in der Corona-Zeit, die guten Betriebskontakte am Leben zu halten und hinterher, also jetzt, wieder mit Praktika anzufangen, denn natürlich sind die Betriebe des Ersten Arbeitsmarktes damit noch vorsichtig.

Also ich wünsche alsterarbeit speziell alles Gute und bleibe mit einem interessierten Auge aus der Entfernung dabei.

Lambrecht: Die Frage bezog sich darauf, wie ich zur Stiftung stehe. Grundsätzlich erlebe ich die Stiftung tatsächlich als sehr lebendig und bewegt. Natürlich gibt es auch Strukturen, an denen man sich manchmal ein bisschen abkämpfen muss. Es ist einfach ein großes Unternehmen. Davon merke ich aber in meinem Bereich nichts, weil es eine große Freiheit des Gestaltens gibt. An dem Ort, an dem ich bin, darf ich gestalten. Es gibt viel Zutrauen und das zeichnet auch die Stiftung, glaube ich, ein Stück aus, dass sie auch machen lässt und neue Wege einschlägt. Mein Erleben ist jedenfalls, dass wir gut vernetzt sind, Interesse haben und auf Interesse stoßen, gemeinsam Sachen zu machen. Ich erlebe die Stiftung nicht so geschlossen, aber das kommt vielleicht auch immer darauf an, an welcher Stelle man steht.

Kutzner: Vielen Dank!

Schulz: Gleichfalls vielen Dank und alles Gute!